Als hauptberuflicher Tae Kwon Do Trainer und einer von wenigen RKC Instruktoren in Deutschland, wird es wohl niemanden wundern, dass ich regelmässig trainiere. Aber warum habe ich überhaupt mit Tae Kwon Do angefangen? Was hat mich dazu bewogen einen gut bezahlten IT-Freelancer Job aufzugeben und ein Tae Kwon Do Studio zu eröffnen. Oder warum verbringe ich jede Woche mehrere Stunden damit, mich zusätzlich zu meinen 14 Tae Kwon Do Stunden noch im Umgang mit Kettlebells zu üben?ae Kwon Do Trainer und einer von wenigen RKC Instruktoren in Deutschland, wird es wohl niemanden wundern, dass ich regelmässig trainiere. Aber warum habe ich überhaupt mit Tae Kwon Do angefangen? Was hat mich dazu bewogen einen gut bezahlten IT-Freelancer Job aufzugeben und ein Tae Kwon Do Studio zu eröffnen. Oder warum verbringe ich jede Woche mehrere Stunden damit, mich zusätzlich zu meinen 14 Tae Kwon Do Stunden noch im Umgang mit Kettlebells zu üben?
Wenn ich meine Schülerkartei durchschaue, stelle ich fest, dass praktisch alle Schüler, die 2009 bei meiner Schuleröffnung dabei waren, schon wieder mit Tae Kwon Do aufgehört haben. Wo liegt also der Unterschied? Warum konnte ich das Durchhaltevermögen aufbringen die zehn Jahre bis zum Schwarzgurt dabei zu bleiben. Man könnte meinen, dass es vielleicht mit dem Grund zu tun hat, aus dem ich mit Taekwondo begonnen habe. Aber das ist es wohl nicht. Wie ich mich erinnere, war mein Grund im Alter von etwas über 20 Jahren mit Taekwondo zu beginnen, schiere Langeweile. Vorher hatte ich alles mögliche ausprobiert: Joggen, Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio, Judo, Aikido und auch mal Taekwondo. Nichts davon habe ich länger als drei Jahre gemacht und das Meiste schon nach sechs Monaten wieder aufgehört. Was war also damals als ich bei Walter Rangosch in Germering zum zweiten Mal mit den Taekwondotraining begonnen habe anders?
Ich kann mich recht gut erinnern, dass ich damals darüber nachgedacht habe, ob ich diesen Sport überhaupt beginnen soll. Frühere Erfahrungen hatten gezeigt, dass es meistens nur Geld kostet und ich nach ein paar Wochen oder Monaten sowieso wieder damit aufhören. Damals habe ich eine Art Geschäft mit mir selbst gemacht: ich habe mir gesagt, dass, wenn ich diesen Vertrag unterschreibe, ich es mir zur Regel machen werde immer ins Training zu gehen; einzige Ausnahme: ein wirklich triftiger Grund. Sicherlich hat es mir auch geholfen, dass Walter ein begnadeter Trainer ist, der es geschafft hat, mir die Freude an seinem Sport zu vermitteln. Aber es hätte genügend Gründe gegeben meinen Taekwondoanzug wieder an den Nagel zu hängen. Zunächst einmal dauerte es geschlagene vier Jahre, bis ich endlich einen gelben Gürtel um den Bauch hatte und schon innerhalb dieses Zeitraums war ich aus beruflichen Gründen gezwungen, mir bei längeren Projekten Gastschulen zu suchen, damit ich mein Training weiterführen konnte.
Ich erinnere mich, dass ich, als ich gezwungen war in der Zeit um Pfingsten (in der mein Taekwondoverband traditionell sein jährliches Trainingslager abhält) meinen Arbeitgeber zu wechseln, es zur Bedingung gemacht habe, trotz Probezeit für dieses verlängerte Wochenende Urlaub zu bekommen – sonst hätte ich den Vertrag nicht unterschrieben. Ich habe die Stelle trotzdem bekommen.
In all dem, was ich bisher erzählt habe, verbirgt sich das Geheimnis, warum ich meinen Sport nie aufgehört und letztendlich zu meinem Beruf gemacht habe:
- Ich habe zu Beginn die Entscheidung getroffen Taekwondo langfristig zu betreiben.
- Ich hatte am Anfang meiner Karriere einen guten Lehrer.
- Ich habe besonders in den ersten Jahren intensiv trainiert und es somit zu einer Gewohnheit werden lassen, regelmäßig ins Training zu gehen.
- Ich habe meinem Sport eine so hohe Priorität in meinem Leben eingeräumt, dass es letztendlich nie etwas gab, das wichtig genug gewesen wäre, diesen zu vernachlässigen.
- Zu sehen, das andere etwas besser können als ich, konnte mich nie entmutigen – im Gegenteil es war ein Grund weiterzuarbeiten, um auch dort hin zu kommen.
Im Folgenden möchte ich diese einzelnen Punkte etwas detaillierter erläutern.
Die langfristige Perspektive
in seinem Buch „The Talent Code“ beschreibt Daniel Coyle ein Experiment mit Kindern die ein Musikinstrument erlernen wollen. Die zukünftigen Musiker wurden vor Beginn ihres Musikunterrichts gefragt, wie lange sie denn das Instrument erlernen wollen. Dadurch konnten die Teilnehmer in drei Kategorien eingeteilt werden. Die erste Kategorie beinhaltet jene, die sich mit dem zu erlernenden Instrument nur kurzzeitig oder probeweise beschäftigen wollten (ca. 1 Jahr). In der zweiten Kategorie sind die mittelfristig orientierten Kandidaten zuhause (1-3 Jahre). Die letzte Kategorie aber beinhaltet all jene, die von vornherein damit rechnen, das Instrument über mehr als drei Jahre zu erlernen. Nach einem Jahr in dem die Kandidaten nun ihr erwähntes Instrument erlernen konnten, wurden alle einen Test ihrer Fertigkeiten unterzogen und gefragt, wie oft in der Woche sie denn geübt hätten. Die Auswertung ergab eine Überraschung: Kandidaten der Kategorie 3 die ca. einmal pro Woche 1 Stunden geübt hatten, schnitten im Test ihrer Fertigkeiten besser ab, als Kandidaten der Kategorie 1 die 3 Stunden in der Woche mit dem Üben zugebracht hatten. Jene Kandidaten in der Kategorie 3 die ebenfalls 3 Stunden die Woche geübt hatten, übertrafen ihre kurzfristig orientierten Kameraden um ein mehrfaches.
Ich glaube dieses Experiment veranschaulicht sehr schön, wie wichtig es ist, sich von Anfang an ganz auf eine neue Aktivität einzulassen.
Hierzu ein kleines Gedankenexperiment das jeder für sich einmal durchspielen kann, egal ob er bereits trainiert oder gerade vor der Entscheidung steht mit dem Training zu beginnen:Wenn Du ein paar Minuten Zeit hast, überleg Dir doch mal, warum Du Dich ursprünglich für Dein Training entschieden hast. Nimm einfach den ersten Gedanken, der Dir dazu einfällt. Am besten schreibst Du diesen auf einen Zettel. Lies Dir durch, was Du geschrieben hast und horch in Dich rein, ob dieser Grund irgendetwas in Dir zum Klingen bringt. Wenn Du das Gefühl hast, dass der aufgeschriebene Grund stark genug ist, um Dich zu inspirieren und Dir somit über die unweigerlich auftretenden Hindernissen zu helfen, dann hast Du Deine Aufgabe erfüllt. Wenn nicht, dann frag Dich: „Was hat mich dazu gebracht diesen Grund aufzuschreiben? Welches Gefühl oder welcher tiefere Grund steht dahinter?“ Schreib Deine Antwort auf und horch wieder in Dich rein. Das machst Du so lange, bis Du Deinen ganz persönlichen tiefsten Beweggrund gefunden hast, warum Du trainineren willst. Diesen innersten Grund hängst Du Dir an die Wand, wo Du ihn jeden morgen als erstes siehst. Ruf ihn Dir jedesmal ins Gedächtnis, wenn Du auf dem Weg ins training bist (oder wenn Du überlegst, ob Du heute oder morgen gehen sollst ;-)).
Noch ein kleiner Tipp: ein rationaler Entschluss wie „Bewegung ist gesund.“ ist selten stark genug, um die Energie aufzubringen trotzdem ins Training zu gehen wenn grade der Alltag über Dir zusammenschlägt.
Ein weitere Vorteil einer langfristigen Perspektive ist, dass es leichter wird mit Rückschlägen umzugehen. Wenn ich weiss, dass ich einen Sport mein Leben lang ausüben werden, dann spielt es kein so grosse Rolle, was ich jetzt im Moment kann – oder nicht kann. Wer konsequent und langfristig übt, wird zwangsläufig immer besser – egal mit welchen Voraussetzungen er gestartet ist. Ich sehe das jeden Tag an meinen Schülern: wenn sie zum ersten Mal in meine Halle kommen sind einige unbeweglich, unkoordiniert und zeigen oft eine miserable Haltung. Bleiben sie aber ein paar Monate dabei, lernen sie langsam aber stetig immer ein bisschen dazu, alles läuft runder. Und ein, zwei Jahre später sind sie bereits so weit, das Anfänger sie ehrfürchtig fragen, warum sie denn so fit sind.
Weiter geht’s im zweiten Teil mit folgenden Fragen:
- Was zeichnet einen guten Lehrer / Trainer aus?
- Wie vermeide ich nach einigen Wochen / Monaten wieder aufzuhören?
- Wie verhindere dass mir etwas dazwischen kommt?
- Wie gehe ich mit Rückschlägen um?