Der einzige Vortrag auf der Health and Strength Konferenz, der sich nicht unmittelbar mit Training oder Gesundheit beschäftigte, kam von Rolando Garcia III. Rolando ein sympathischer New Yorker ist Leiter des VIP Bereichs des renommierten Equinox Gym. Wer in den Genuss der Dienste von Rolando und seinem Team kommen möchte, muss dieses Privileg mit 23000 $ im Jahr vergüten.
Rolando startete als Floor Manager bei Equinox (das sind die, die rumliegende Handtücher und Hanteln wegräumen) und arbeitete sich in bemerkenswert kurzer Zeit zum Personal Trainer hoch. Als Personal Trainer war er so erfolgreich, dass sein Rekord der meisten verkauften PT Stunden in einem Monat eines einzelnen Trainiers bis heute ungeschlagen ist. Später übernahm Rolando verschiedene (echte) Management Funktionen bis er letztlich die Möglichkeit bekam seine heutiges Team zusammenzustellen und auch zu leiten.
Wenn Rolando also darüber spricht, was es bedeutet in der Fitness Branche erfolgreich zu sein, dann lohnt es sich zuzuhören.
Herausforderungen voraus!
Als intimer Kenner der Fitnessbranche erklärte Rolando gleich zu beginn seines Vortrags was sich in den kommenden Jahren zur stärksten Konkurrenz für alle entwickeln wird die Fitness als Dienstleistung anbieten: Der Trainier in der Hosentasche oder neudeutsch die „Wearable Technolgie“ wird in den kommenden Jahren eine immer stärkere Alternative zum echten Trainier werden. Schon heute können Smartwatch und Co einiges zur Fitness seiner Benutzer beitragen. Apps schlagen Trainings- oder Ernährungspläne vor und überwachen Puls, Schlaf sowie sportliche Aktivitäten. Die Washington Post testete kürzlich 30 IPhone Fitness Apps. Zwar war das Ergebnis erwartungsgemäß schlecht (nur eine der 30 wurde als gut befunden) aber trotzdem wurde durch den Test nachgewiesen das eine App für $3,99 sinnvolle Trainingsempfehlungen geben kann. Zum Glück für uns Trainier hat derzeit nur einer von 30 Software-Herstellern das Know How eine solche App zu programmieren – aber das wird sicher nicht so bleiben.
Auch der beste Trainer muss Geld verdienen. Um so wichtiger wird es für alle die in der Fitness Brache Geld verdienen wolle, zu wissen worauf es ankommt. Klar sind die meisten die in diesem Bereich aktiv sind Überzeugungstäter, aber ohne Geld geht es nun mal nicht. Ich selbst haben meinen wirklich gut bezahlten IT-Job vor 6 Jahren hinter mir gelassen um ein Kettlebell und Kampfsport Gym zu eröffnen, weil ich einer Tätigkeit nachgehen wollte die mich erfüllt und mit der ich meinen Mitmenschen unmittelbarer helfen kann als mit der Erstellung von Software.
Rolando brachte es sehr gut auf den Punkt: Du kannst der tollste Trainer der Welt sein, mit dem umfassendsten Wissen, den besten Methoden und ehrenhaftesten Absichten – wenn Du aber nur 10 Leute trainierst, ist der Einfluss, den Du auf Deine Umwelt ausübst, minimal und es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Du früher oder später im Supermarkt Regale einräumen gehst, um über die Runden zu kommen.
Die 4 Kompetenzen erfolgreicher Trainier
Laut Rolando sind es vier Kompetenzen die jeder Trainer der sich erfolgreich in der Fitness Branche möchte beherrschen sollte:
Die Technische Expertise
Wie jeder in der Fitnessbranche weiß, ist es für geschäftlichen Erfolg in diesem Umfeld nicht ausreichend, wissen über Techniken und den Trainingsprozess zu haben. Genau genommen ist es nicht einmal nötig, wie die vielen ständig auftauchenden und wieder verschwindenden Fitnesshypes beweisen. Nur derjenige, der sich langfristig auf dem Markt behaupten will, muss Qualität und Ergebnisse liefern – für einen schnellen Reibach reicht eine gut klingende Idee und ein großes Marketing Budget.
Die technische Expertise ist außerdem auch die seltenste Ursache für geschäftliche Misserfolge in dieser Branche – klar lässt sich hier über Einzelheiten trefflich streiten, aber letzten Endes sind die meisten in diesem Feld Überzeugungstäter und wissen schon aus diesem Grund in der Regel mehr über den Trainingsprozess als die meisten unserer unbedarften Mitmenschen.
Trotzdem: Wer sich als Trainer langfristig in seinem Umfeld behaupten will, der ist gut beraten sich ständig weiter zu bilden und sein Wissen und seinen Fertigkeiten zu verfeinern.
Kundenpflege
Die zweite unerlässliche Kompetenz eines erfolgreichen Trainers ist die Fähigkeit, Menschen von der eigenen Expertise zu überzeugen und sie über lange Zeit bei der Stange zu halten. Dazu, so Rolando, gibt es zwei grundlegende Strategien, die beide das Ziel verfolgen, den Trainer in den Augen seines (potentiellen) Kunden sympatisch erscheinen zu lassen, denn wer kauft schon bei einem unsympatischen Zeitgenossen.
- Die erste Strategie nennt sich PACT. Es handelt sich um ein Acronym für praise (loben), assist (helfen), correct (korrigieren) und teach (lehren). Diese Strategie findet hauptsächlich Anwendung im Erstkontakt und ist dafür gedacht, dem (unbekannten) Gegenüber eigene Expertise zu zeigen ohne dabei herabzuwürdigen oder eine Abwehr auszulösen.
Stell Dir folgende Situation vor: Ein Trainer läuft durch sein Studio und sieht einen Kunden bei einem echten Klassiker des falsch verstandenen funktionalen Trainings (sagen wir Langhantel Kniebeugen auf dem Pezziball). In seinem Kopf läuft sofort der Film ab, wie der Kunde von seinem Ball purzelt und sich den Kopf am nebenstehenden Powerrack anschlägt. Als ehrlicher und fürsorglicher Mensch, der er ist, geht er zu dem Zirkusartisten und erklärt ihm, dass er diese Übung hier nicht machen kann! Erstens ist die Verletzungsgefahr viel zu hoch und außerdem ist seine Kniebeuge ja eh viel zu schlecht für solche Aktionen. Wie glaubst Du wird der derart Zurechtgewiesene auf diese Zurschaustellung geballten Trainer-Knowhows reagieren. Genau – er sucht sich ein anderes Gym.
Nach der PACT Strategie würde die Situation folgendermaßen ablaufen: Der Trainer beobachtet unseren Artisten, geht zu ihm und lobt ihn wegen seiner Körperbeherrschung (P_raise), er bietet an, ihm die Langhantel nach dem Ende des Satzes abzunehmen (A_ssist). Nachdem der Kunde wieder sicher auf seinen Beinen steht, schlägt der Trainer ein paar Änderungen an der Übung vor, um diese etwas sicherer zu gestalten (C_orrect), nachdem die beiden die korrigierte Übung zusammen einmal durchgespielt haben, meint der Trainier zu seinem Schützling in Spe: „Du, wenn Du so gut bei den Kniebeugen bist, dann müsstetst Du ja ordentlich Gewicht bewegen können! Wollen wie das mal kurz zusammen probieren?“ Die beiden gehen zum Powerrack und der Trainer coacht eine ordentliche Kniebeuge (T_each). Der Kunde in Spe ist angetan davon wie viel Gewicht er tatsächlich bewegen kann (fast 70 % Körpergewicht) und hat am nächsten Tag ordentlich Muskelkater, weil er zum erstem mal im Leben eine richtige Kniebeuge gemacht hat. Zwei Tage später treffen sich die beiden im Studio und sprechen beiläufig über Personal Training und wie schnell das einen doch weiter bringt. Das Gespräch endet damit das der Trainer einen neuen Personal Training Kunden akquiriert hat. - Die zweite Strategie heißt TACT und kommt bei Umgang mit Bestandskunden zur Anwendung: Es bedeutet übersetzt thank (bedanken), acknowledge (bestätigen), challenge (fordern) und thumbs up (Daumen hoch).
Stellen wir uns vor, wie eine fiktive Situation nach dem TACT System ablaufen würde: Ein Trainer und sein Kunde sind mitten in einer PT Stunden. Dem Kunden fällt es heute schwer, er hat nicht gut geschlafen und hatte einen stressigen Tag. Als dem Trainer auffällt, dass sein Schützling sich heute mehr quält als gewöhnlich, spricht er es an und macht ein Kompliment das er trotzdem am Ball bleibt und die Stunde nicht abgesagt hat (T_hank), er erklärt ihm das es wichtig ist seine Tagesform im Training zu berücksichtigen, lobt für den (trotzdem) gezeigten Einsatz (A_cknowledge) motiviert ihn an seine Grenzen zu gehen (C_hallange). Am Ende des Trainings erklärt er nochmal, wie gut die Trainingsleitung trotz der widrigen Umstände war und das er sich auch die nächste Stunde freut.
Eine weniger TACT-voller Trainier würde in der gleichen Situation zum Beispiel meckern, dass der Kunde sich doch bitte nicht so gehen lassen sollte und gefälligst ein bisschen mehr Einsatz zeigen – letzte Woche hat er sich ja bei gleichen Übungen auch nicht so angestellt.
Ratet mal welcher Kunde lieber wieder kommt…
Verkauf
Viele leidenschaftliche Trainer haben hier tatsächlich ein Problem mit ihrer Einstellung. Sie denken, wenn ich doch etwas machen, das mir Spaß macht und das mich erfüllt, dann kann es doch nicht in Ordnung sein, dabei hinterm Geld her zu sein. Diese Einstellung ist schlicht falsch – klar, wenn Geld verdienen in einem so Menschen bezogenen Betätigungsfeld wie dem Fitness Bereich zum alleinigen Ziel wird, dann läuft definitiv etwas schief, aber es darf deshalb trotzdem nicht vernachlässigt werden. Wer langfristig gute Qualität liefern will, kann das nur aus einer stabilen Situation heraus – und kaum etwas nimmt einem schneller die Standfestigkeit als ständige Geldsorgen!
Egal ob Trainier oder der Betreiber eines Gyms jeder muss sich, wenn er Erfolg haben will, bemühen zu lernen, wie man seine angebotenen Leistungen effektiv verkauft. Es ist eine Fertigkeit wie jede andere und genau so muss diese erlernt und ständig verbessert werden.
Zum Glück ist es nicht nötig alles durch Versuch und Irrtum zu lernen – es gibt genügend Literatur und Kurse zu dem Thema wo man sich hervorragend informieren und weiterbilden kann.
Das Buch „Everybody needs Training“ von Danny Kavadlo oder das Buch „Ignite the Fire“ von Jonathan Goodman sind hier ein guter Einstieg.
Geschäftsentwicklung und Strategie
Die letzte und ebenso Erfolgs-kritische Kompetenz, die jeder Trainer mitbringen muss, ist die Fähigkeit sein Geschäft oder seine Trainerkarriere strategisch zu planen und zu steuern. Wer sich einfach treiben lässt, der kommt in der Regel nie irgendwo an – und wenn doch, kann es passieren, dass er seine Chance nicht erkennt, wenn sie sich bietet. Der Weg zum Erfolg führt nicht immer gerade aus und ganz sicher nicht immer bergab. Sich im Klaren zu sein welchen Werten man sich verpflichtet, welche Vision einen antreibt, welche Mission und strategischen Ziele man verfolgt, entscheidet darüber, ob man als Trainier einen schlecht bezahlten Job ausübt oder sich ein Leben in einem Beruf aufbauen kann, den man liebt.
Solche Entscheidungen und Planungen müssen bewusst getroffen und regelmäßig auf ihre Gültigkeit geprüft werden. Dafür braucht es Zeit und Muse, die fest in den Alltag eingebaut werden muss. Mindesten ein mal im Quartal sollte jeder Trainier sich einen halben Tag Zeit nehmen, um über sein Geschäft, seine Ziele und Pläne nachzudenken. Wird diese Zeit nicht fest eingeplant geht es garantiert im Alltag unter.
Mache Dir regelmäßig Gedanken über:
- Welche Werte machen Deine Arbeit aus?
- Wie sieht Deine Vision aus?
- Was ist deine Mission?
- Welche Ziele willst Du erreichen?
- Welche strategische Veränderungen kommen auf Dich zu?
- Was machst Du in 6 oder 12 Monaten, was in 3 oder 5 Jahren?
Wenn Du Dir solche Fragen regelmäßig stellst, fällt es Dir im Tagesgeschäft leichter, richtige Entscheidungen zu treffen und Probleme rechtzeitig zu erkennen. Auch die Kommunikation mit Mitarbeitern und Partnern wird klarer und zielgerichteter, Missverständnisse sind leichter zu vermeiden.
Fazit
Als Trainer genügt es nicht sich in seinem Sport auszukennen – jeder Trainer ist bis zu einem gewissen grad ein Unternehmer und wer erfolgreich sein möchte, muss noch einige andere Fertigkeiten meistern. Die gute Nachricht ist, dass sich diese Fertigkeiten genau wie im Sport erlernen und mit Übung verbessern lassen.
Erfolg ist kein Zufall, sondern das Ergebnis konsistenter Anstrengung. Du musst nicht alles richtig machen, sondern nur die richtigen Dinge immer wieder machen!
Disclaimer: Wie immer bei dieser Artikelserie über die Vorträge der Dragondoor Konferenz gehen alle sachlichen Fehler auf mein Konto!
Viel Erfolg!