Six-Pack Training – Vortrag von Danny Kavadlo

Danny weiß wie Six Pack das ganze Jahr bleibt - und das ohne Chemie...

Danny weiß wie sein Six Pack das ganze Jahr bleibt – und das ohne Chemie…

Unter Trainern und Fitness begeisterten ist es ein immer wiederkehrendes Thema – das Six Pack. Obwohl im Internet und den sozialen Medien viel darüber geschrieben wird und massenweise Bilder im Umlauf sind, ist doch für viele ein scheinbar unerreichbares Ziel die eigenen Bauchmuskeln zu sehen. Auf der Dragondoor Conference im August sprach einer, der es augenscheinlich wissen muss: Master PCC Danny Kavadlo – Calisthenics Trainer extraordinaire.

Danny ist definitiv kein Trainer, der „mehr schein als sein“-Kategorie, wenn es um das Training mit dem eigenen Körpergewicht geht, spielen Danny und sein Bruder Al in der obersten Liga. Beide Brüder zeigen auf Ihren Fotos tolle Bauchmuskeln, obwohl beide das optimale Six-Pack-Alter schon ein paar Jahre hinter sich haben.

Dannys 2 Regeln für gut sichtbare Bauchmuskeln (Tata):

  1. Hart trainieren!
  2. Schlechtes Essen so weit wie möglich vermeiden!

Ja, es ist wie bei den meisten wirklich effektive Trainingsmethoden: einfach, aber nicht leicht!

Punkt 1: Hart trainieren!

Zunächst mal Dannys Definition bestechend einfacher Definiton von „Core“:

Alles außer Armen, Beinen und dem Kopf.

So einfach kann die Antwort sein – und entsprechend einfach ist dann die Übungsauswahl. Für einen starken Rumpf braucht es keine speziellen Übungen oder geheimnisvolle Geräte. Eben so wenig gibt es „No go“ Übungen. Danny’s Liste der Core Übungen ist lang und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Plank – klassischer Ellenbogen Stütz gehalten auf Zeit mit maximaler Anspannung
  • Sit-up – ebenfalls ein Klassiker. In Rückenlage mit angestellten Beinen aufsetzen und kontrolliert wieder ablassen. Varianten wie Beine in der Luft oder untergehakt sorgen für Abwechslung.
  • Lying bent knee raise – Ebenfalls in Rückenlage die angezogenen Beine vom Boden Heben.
  • Lying straight leg raise – Wie oben, aber mit gestreckten Beinen.

    Lying leg Raise

    Lying leg raise the american way.

  • Grounded Wiper – In Rückenlage die gestreckten Beine zur Decke strecken und wechselseitig zum Boden ablassen. Die Arme sind zur Seite gestreckt um den Oberkörper zu stabilisieren.
  • Hanging Knee Raise – An der Klimmzugstange, Hände Schulterbreit, ziehe Deine Knie zum Brustbein.
  • L-Sit – Hier gibt’s einige Möglichkeiten: Hängend an der Stange, abgestützt auf dem Boden, auf Kettlebells oder einer Dip Stange. Halte Deine Beine bei aufrechtem Oberkörper nach vorne ausgestreckt – klingt einfach oder?

    L-Sit

    Eine besondere Variante des L-Sit an der geraden Stange.

  • Hanging Leg Raise – Wie Hanging knee raise – nur mit gestreckten Beinen
  • Shins to Bar – Wie oben – aber den ganzen Weg hoch bis die Schienbeine die Stange berühren.
  • Windshield Wiper – In der oberen Position von Shins to bar die gestreckten Beine wie ein Scheibenwischer nach links und rechts absenken – Achtung nicht aus den Armen sondern über die Bauchmuskeln.
  • Skinning the Cat – geht noch einen Schritt weiter als Shins to Bar: die Beine werden oben eingezogen und an der Stange vorbei geführt.

    Skinning the cat

    Skinning the cat

  • Dragon Flag – Lege Dich hin und Halte Dich irgendwo fest, jetzt heben Deinen ganzen Körper hoch bis Du nur mehr mit den Schultern den Boden berührst. Eine Variante ist die Dragonflag an einer senkrechten Stange wobei Du Dich nur mit dem Trapezius Muskel an der Stange abstützt (Ja – Aua!)

    Weighted Flag

    Keine Dragonflag – aber auch nicht schlecht für die Abbies

  • Tuck Front Lever – Hierbei hängst Du an der Klimmzug-Stange und hältst den Oberkörper mir angezogenen Beinen waagrecht in der Luft.
  • Front Lever – Wie oben aber mit gestreckten Beinen.

Genügend Auswahl, so dass für jedes Leistungsniveau was dabei sein sollte. Die Übungen sind in etwa nach dem Schwierigkeitsgrad geordnet, allerdings gibt es da ja immer individuelle Stärken und Schwächen.

Punkt 2: Schlechtes Essen so weit wie möglich vermeiden!

Laut Danny ist die Ernährung die einzige und wichtigste Entscheidung, wenn es um Bauchmuskeln und Gesundheit allgemein geht.

Seine Empfehlungen sind auch hier kurz und bündig:

  • Vermeide Kastendenken
  • hochwertige Lebensmittel – Die besten Lebensmittel haben keine Ettiketten.
  • Die effektivste Übung für Deine Bauchmuskeln ist die Übung in Disziplin.
  • Je weniger Zutaten um so besser – iss natürliche Lebensmittel.
  • Zucker ist der grösste Feind Deines Six Packs.
  • Trinke mehr Wasser.
  • Dauerhafter Verzicht führt meistens zu einem Rückfall in schlechte Gewohnheiten.

Wer mehr wissen will…

Kann sich Dannys Buch Diamond-Cut Abs zu Gemüte führen:

Danny Kavadlos Buch Diamond-cut ABS zum Thema gibt Euch noch mehr Hintergrund zum Thema

Niemals aufgeben

Im Sport ist es wie im wirklichen Leben – die Mehrheit scheitert, bevor sie es wirklich versucht haben, entweder weil sie sich Erfolg gar nicht erst vorstellen können oder weil sie so viele Hindernisse erwarten, dass sie lieber gar nicht erst anfangen. Alle, die jemals den Weg zu nachhaltigem Erfolg gefunden haben, die sich ihre eigene Wirklichkeit kreiert haben, sind aus anderem Holz geschnitzt – Sie haben sich nicht von der Meinung anderer oder von dem, was allgemein als möglich angesehen wird, einengen lassen, sondern sind Ihrer Vision gefolgt – bis zum Erfolg und darüber hinaus. Die Wege, die sie genommen haben, waren oft lang und von Hindernissen und Umwegen gepflastert. Viele, die sich auf den Weg gemacht haben, sind auf der Strecke geblieben, haben den Glauben an ihre Vision verloren. Die, die es geschafft haben, haben alle Hindernisse und Widrigkeiten als Sprungbretter genutzt, um sie hinter sich zu lassen.

Hinderliche Glaubenssätze im Sport

Der große Vorteil im Sport ist, dass es objektiv gesehen um nichts geht. Wer sich diesen Umstand bewusst macht, kann ohne Druck experimentieren und das führt über kurz oder lang fast immer zum Erfolg. Behindert werden wir nur durch vorgefasste Glaubenssätze und die mangelnde Bereitschaft etwas Neues auszuprobieren.

Flo_Kettlebell_im_Regen

Danke an Flo Friedl für die tollen Bilder.

Einige dieser Glaubenssätze im Sport, die mir immer wieder begegnen, sind:

  • Ich bin schon zu alt! – das ist höre ich am häufigsten. Ich habe dieses Argument schon von unter 30 jährigen gehört – und es ist Unsinn! Zu alt bist Du, wenn sie Deinen Sarg zunageln – bis dahin ist praktisch alles möglich. Ja ein 40, 50 oder sogar 70-jähriger muss anders trainieren als ein 25er, aber erreichen kann er immer noch weit mehr als die meisten Leute sich vorstellen können. Vor allem Lebensqualität bis ins hohe Alter.
  • Ich bin halt … unsportlich! – ja, es gibt sie, die natürlichen Athleten, die die es einfach drauf haben. Die scheinbar ohne Mühe tolle Leistungen bringen – aber sie sind nicht die Regel. Die Mehrheit der erfolgreichen Sportler hat nur eines, das sie aus der Masse heraushebt: Die Bereitschaft hart und langfristig für ihr Ziel zu arbeiten. Ich habe viele solche Verwandlungen erleben dürfen und sie inspirieren mich jedes einzelne Mal wieder.
  • Das lerne ich nie! – das imaginäre Fallbeil in Deinem Kopf! Dieses Eigenurteil ist einer der destruktivsten und hinderlichsten Gedanken für jeden Sportler. Im Tae Kwon Do – wie in allen Kampfsportarten – ist die Grätsche zwischen Anfänger und Fortgeschrittenen so weit, dass es ersteren oft schwer fällt sich vorzustellen, dass sie selbst irgendwann die Leistungen der Meister erbringen können. Mache lassen sich davon entmutigen und richten sich auf ihrem jeweiligen (niedrigen) Niveau häuslich ein – andere machen einfach weiter und bevor sie es selbst wirklich realisieren, gehören sie zur zweiten Gruppen.
  • und unendlich viele mehr…. zum Teil sind sie offensichtlich, zum Teil auch nicht auf Anhieb als das zu erkennen was sie sind – mentale Blockaden.

Mach Dein Ding

Wenn Du nicht zu denen gehören willst, die sich entmutigen lassen und in der Mittelmäßigkeit stecken bleiben, dann wirf diesen ganzen mentalen Müll über Bord. Fang an Wege zu suchen, statt Hindernisse zu sehen. Damit meine ich nicht, dass Du ohne Sinn und Verstand gegen Deine (körperlichen) Grenzen anrennen sollst. Eine Definition für Wahnsinn ist, es bei immer gleicher Handlungsweise unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten. Jedes Hindernis ist eine Chance zu lernen und sich weiter zu entwickeln – wohin Dein Weg Dich führt, das ist vorher nicht zu sagen. Du weißt, dass Du richtig bist, wenn Du jeden Tag, jeden Monat und jedes Jahr ein bisschen mehr tun kannst als im vorigen.

Push_Up_im_regen

Bitte Erzähl Mir Deine Geschichte!

Ich freue mich immer, wenn ich tolle Leistungen egal in welchem Lebensbereich beobachten kann – Meisterschaft in jeder Facette ist etwas zu tiefst inspirierendes. Aber jede Leistung, jeder Erfolg hat eine Geschichte, es gab eine Initialzündung oder ein Aha Erlebnis und davon würde ich gerne hören.
Bitte nimm Dir Zeit und erzähl mir Deine Geschichte unten in den Kommentaren oder, wenn Du es weniger öffentlich möchtest, gerne auch als Email unter florian@kettlebellgermany.de. Erzähl mir auch von Deinen Hindernissen – vergangenen oder aktuellen.

Ich bin gespannt Deine Geschichte zu lesen…

 

Passt auf Eure Hände auf….

Wie jedes Jahr im Herbst rückt der RKC Workshop in München wieder mal näher. Für die diesjährigen Teilnehmer beginnt jetzt die heiße Phase der Vorbereitung und so manch einem flattern schon leicht die Nerven. Mein Rat an alle, die sich nicht sicher sind, ob sie ausreichend vorbereitet sind: Konzentriert Euch auf die Technik. Der wichtigste Bestandteil beim Kurs ist der Technik Test – wenn ihr den besteht, ist der Rest kein Problem. Ja, ich weiß – da ist noch der Snatchtest!

Dazu drei kurze Fakten:

  • Es sind nur 5 Minuten. Klar sind es intensive 5 Minuten, aber nichts desto weniger ist es super kurz.
  • 100 Reps in 5 Minuten = Bestanden! Es gibt bei Snatchtest keine Belohnung für den, der als erster fertig ist, also lasst Euch Zeit, geht euren Rhythmus (20 Santches pro Minute) und alles wird gut.
  • Deine Snatch Technik macht den Unterschied! Ich habe nun schon eine Menge Snatchtests abgenommen und dabei eines immer wieder festgestellt: die Kandidaten, die es schaffen ihren Rhythmus und ihre Technik bis zum Ende durchzuhalten, die haben es mit Abstand am leichtesten.

Abgesehen von den oben aufgezählten Fakten ist der Snatchtest der Bestandteil der Requirements, der am leichtesten nach zuliefern ist: Kamera aufstellen, 5 Minuten schwitzen, Video hochladen – tata! Das geht zwar auch beim Techik Testing, ist aber wesentlich komplizierter, da die Vorbereitung auf den Snatchtest eine rein mechanische Tätigkeit ist, während Techniken zu erlernen eine hoch individuelle Geschichte ist, die alleine im stillen Kämmerlein oft nicht so gut funktioniert.

Also nochmal und ausdrücklich mein Rat: Macht Technik üben zu Eurer Prio 1! Macht Eure Snatchtest Prep, aber ruiniert Euch dabei nicht die Hände. Eines der grössten Probleme, das die Teilnehmer auf dem dreitägigen RKC Workshop immer haben, ist es ihre Hände in gutem Zustand zu erhalten. Wer schon mit abgerissenen Schwielen ankommt, der hat von Haus aus schlechte Karten.

Wenn Du dieses Jahr nicht am RKC teilnimmst, können die folgenden Tipps Dir helfen, unnötige Trainingspausen zu vermeiden und damit längerfristig bessere Leistungen zu erreichen.

Hände pflegen

Die Hände sind beim Kettlebellen tatsächlich eine der ärgsten Problemzonen – wer schwer und viel presst, cleaned oder snatched, der kennt sie: die Schwielen an den Fingerwurzel. Werden diese Schwielen zu dick, dann reißen sie ab, wenn die Kettlebell sich in der Hand dreht. Als echte Hardstyler haben wir natürlich kein Problem damit, wenn es ein bisschen zwickt und blutet – aber eine Trainingspause wegen ein paar offener Hände wollen wir trotzdem nicht riskieren. Spaß beiseite – eine gerissene Schwiele ist keine Kleinigkeit mit der man einfach weiter machen kann! Erstens entsteht ein ziemlich tiefes Loch, das schnell weiter reißt, wenn man nichts dagegen unternimmt und zweitens besteht akute Infektionsgefahr. Darum, auch wenn ihr es vielleicht als unmännlich empfindet – besorgt Euch einen Bimsstein, einen Hornhauthoben oder meinetwegen auch einen Bogen Sandpapier und sorgt dafür, dass die Schwielen nicht zu dick werden. Wer zu trockener Haut neigt, muss außerdem aufpassen, dass die Schwielen nicht austrocknen und rissig werden – ja genau Handcreme ist angesagt.

Hände schützen

Auch die beste Handpflege hat Grenzen, darum ist es schlau bei besonders starken Belastungen Deine Hände mit einer der folgenden Hilfsmittel zu schützen.

Socken oder Handschuhe

Für mich haben am besten abgeschnittene Sockenbündchen funktioniert:  die oberen 5-7 cm eines alten Paars Socken abschneiden und einfach über die Hände stecken.

Handschutz mit Söckchen

Handschutz mit Söckchen

 

Abgeschnittene Baumwoll-Handschuhe funktionieren auch gut, wenn Dich die Stege zwischen den Fingern nicht stören. Die Handschuhe gibt in der Regel im 10er Pack im Baumarkt – Achtung, keine Gummierung oder Poslterung.

Abgeschnittene Baumwoll Handschuhe

Abgeschnittene Baumwoll-Handschuhe

 

 

 

 

Und wenn es doch passiert – die Behandlung einer abgerissenen Schwiele

Zunächst mal sollte ich vermutlich erwähnen, dass ich kein Arzt bin und darum keinen medizinisch fundierten Rat geben kann. Wenn ihr meinem nicht fundierten Rat trotzdem annehmen wollt, tut ihr das auf eigenen Gefahr. Die von mir vorgeschlagene Behandlungsmethode ist ausschließlich bei gerissen Schwielen anwendbar (funktioniert also zum Beispiel nicht bei abgerissenen Fingern etc. ). Sollten irgendwelche unvorhergesehen Komplikationen auftreten, wendet Euch an einen Arzt. So genug der Vorrede – jetzt also zum Thema. Wenn die Schwiele noch nicht gerissen ist, sich aber so anfühlt, als wäre Flüssigkeit darunter, dann brauchst Du diese Aktion nicht zu machen – in der Regel wächst das wieder fest, wenn Du verhindern kannst, dass es doch noch einreißt.

Wenn eine Schwiele abgerissen ist, handelt es sich dabei fast immer um eine wesentlich grössere Wunde als die, die auf den ersten Blick zu sehen ist. In aller Regel hat sich die gesamte Schwiele abgelöst, darum geht es unter dem sichtbaren Riss noch ziemlich weit rein. Die abgelöste Haut und oft noch ein Stück außen rum trocknet und stirbt ab. Da dabei das Risiko besteht, dass in der toten Haut ein weiterer Riss entsteht, der noch mehr Schaden anrichtet, schneide ich die Haut immer so großflächig wie möglich ab (eine desinfizierte Nagelschere funktioniert da gut). Wenn das erledigt ist, musst Du erst mal die Wunde desinfizieren, auch wenn keine wirklich offene Stelle zu sehen ist. Zum Verschließen der Wunde hat sich Sprühpflaster sehr gut bewährt. Wenn Du die Stelle, wie im Video unten beschrieben, überkleben willst ist Sprühpflaster sogar ein muss.

Um die Heilung zu beschleunigen, kleistere ich die Wunde jeden Abend mit Bepanten Salbe zu (richtig dick) und klebe ein Heftpflaster drauf (hauptsächlich im das Bettzeug zu schützen) damit hab ich schon echte Wunder erlebt. Erstens bleibt die dünne Haut so geschmeidig und wird schnell dicker und zweitens schließen sich die Wundränder wesentlich schneller.

 Nach dem Riss weitertrainieren

Bitte bekommt diesen Abschnitt nicht in den falschen Hals: Das Schlaueste bei offenen Händen ist, diese zu schonen und heilen zu lassen. Swings und Kniebeugen gehen in der Regel trotzdem also kein Grund das Training zu verpassen ;-). Sollte es am Ende der RKC Vorbereitung passieren, dann würde ich besonders dazu raten, Deinen Händen Zeit zum Heilen zu geben – die bekommen am Workshop auch so genug ab.

Wenn es aber zum Beispiel beim RKC passiert, kannst Du ja schlecht sagen „So jetzt mach ich erst mal 3 Wochen Pause…“

Hier also die Lösung für akute Handprobleme, wenn es trotzdem weiter gehen muss. Bevor Du die Hände so bepflasterst, solltest Du sie erst wie oben beschrieben versorgen….

Vom ultimativen Athleten – ein Vortrag von Max Shank

Ich kenne Max nun schon einige Jahren und er hat mich von Anfang an beeindruckt. Das erste mal habe ich ihn auf einem Workshop getroffen, den er zusammen mit Pavel und meinem

Max one hand stand

Kalorien verbrennen ist genau so doof wie Zeit totschlagen.

ehemaligen RKC Team Leader Mark Reifkind gehalten hat – es ging um Bodyweight Training – heute Callisthenics genannt. Max war der einzige der drei Referenten, der nicht nur ein umfassendes Wissen mitbrachte, sondern auch jeden einzelnen der Drills über die gesprochen wurde, zeigen konnte. Es waren nicht nur reguläre Liegestützen oder Klimmzüge, die auf dem Programm standen, sondern auch Frontlever, Plance, Pistol und co… Einige der Übungen sind so anspruchsvoll, dass ich sie, obwohl der Kurs schon einige Jahre her ist, immer noch nicht beherrsche (es lag nicht daran, dass ich es nicht versucht hätte).
In den nun drei Jahren wurde Max zum Master RKC befördert und ich hatte bereits zwei mal die Ehre an seiner Seite einen Kurs zu unterrichten (einen RKC und einen RKC II). Was mich dabei jedes mal beeindruckt hat, war das umfassende Wissen und das tiefe Verständnis, das Max dabei gezeigt hat – immerhin ist er noch nicht mal 30.

Letztes Jahr hat er nun sein Magnum Opus veröffentlicht das Programm Ultimate Athleticism, bei der Dragondoor Health and Strength Conference  im August dieses Jahres hielt er seinen Vortrag genau über dieses Programm und wie immer habe ich viel dabei gerlernt.

Die Definition von Athletik

Athletik ist – gerade seit der Evolution des funktionalen Trainings ein häufig genutzter Begriff – und je nachdem wer ihn benutzt, variiert die Bedeutung zum Teil recht stark. Aus diesem Grund begann Max begann seinen Vortrag damit zu definieren was er unter Athletik versteht:

„Athleticism is the ability to move uninhibited in any range of motion with speed, strength and agility.“ – Max Shank

Übersetzt bedeutet das in etwa: „Athletik ist die Fähigkeit sich ungehindert über das gesamte Bewegungsspektrum mit Schnelligkeit, Kraft und Agilität bewegen zu können.“
Lasst uns diese Aussage einmal in ihre Einzelteile zerlegen:

  • Das erste Wort, das mir auffällt ist „uninhibited“ (ungehindert), es ist aus meiner Sicht der wichtigste Begriff, da uneingeschränkte Bewegung bedeutet, dass keine Schmerzen oder Verletzungen den Sportler behindern – es steht also Gesundheit und die Vermeidung von Verletzungen im Vordergund von Max’s Gesamtkonzept. Wie alle 4 Jahre bei den Paralympics unter Beweis gestellt wird, sind wir Menschen auch mit zum Teil gravierendsten körperlichen Einschränkungen in der Lage atemberaubende Leistungen zu erbringen, aber obwohl ich jedem, der trotz einer Behinderung sportlich aktiv ist, den grössten Respekt entgegenbringe, ist es doch immer mein (und wohl auch Max’s) wichtigstes Anliegen den Körper durch Bewegung gesund zu erhalten und sogar zu einen gewissen Grad zu heilen.
  • Der zweite Begriff in Max’s Definition, der ins Auge fällt ist „any range of motion“ (über das gesamte Bewegungsspektrum). Ich verstehe das zweigleisig: Zum einen meint Max damit, dass Bewegung möglichst über den kompletten Bewegungsraum der jeweiligen Gelenke stattfinden sollte, zum anderen das alle Bewegungsrichtungen im Training zu berücksichtigen sind. Wer zum Beispiel beim Bank drücken auf der Flachbank einen Kleinwagen drücken kann, aber alle anderen Richtungen vernachlässigt, der wird seine enorme Kraft nicht nutzen können, wenn die Belastung mal von wo anders kommt. Genau so verhält es sich mit Zugbewegungen – wer immer nur das Drücken übt, der wird an der Stange trotz dicker Muckies kläglich scheitern.
  • „Speed“ (Schnelligkeit) ist die Fähigkeit Bewegungen mit starker Beschleunigung und Geschwindigkeit auszuführen. Unser Körper ist ein Wunderwerk der Anpassungsfähigkeit – aber das ist gleichzeitig ein Nachteil, wenn wir im Training schnelle Bewegungen vernachlässigen.
  • „Strength“ (Kraft) muss ich glaube ich nicht erklären. Nur so viel: Kraft hat viele Gesichter, nur wer sie alle kennt, ist wirklich auf alles vorbereitet.
  • „Agility“ (Agilität) ist die Fähigkeit schnell auf sich verändernde Umstände reagieren zu können, ein Fußballspieler muss agil sein, um die gegnerischen Spieler ausmanövrieren zu können. Um diese Qualität unabhängig von einer bestimmten sportlichen Anwendung entwickeln zu können, ist es wichtig ein enorm gutes Körpergefühl zu entwickeln.

Die Bausteine der Athletik

Um aus Dir einen ultimativen Athleten zu schmieden, musst Du wie beim Hausbau unten anfangen. Dein Fundament bildet in diesem Fall die Bewegungsqualität. Leider handelt es sich dabei um

Max teaches Athleticsm

Max erklärte uns die Bewegungspyramide

ein etwas schwer greifbares Konzept das Gray Cook erst vor wenigen Jahren aufbrachte und messbar machte, das aber trotzdem die Sportwelt massiv verändert hat. Bewegungsqualität ist der Grund, warum einige talentierte Sportler langfristig erfolgreich sind und andere immer wieder durch Verletzungen aus der Bahn geworfen werden. Wie die schon oben erwähnten Paralymiponiken zeigen, können wir Menschen trotz Behinderung Bestleistungen erbringen. Zum Glück müssen nur relativ wenige Sportler mit so starken Einschränkungen zurecht kommen, aber auch kleinere Probleme wie alte Verletzungen, Haltungsfehler oder einfach ein sitzender Job, können dazu führen, dass wir, wollen wir Leistung bringen, ständig gegen diese Hindernisse anarbeiten müssen – das fordert einen hohen Preis von unserem Bewegungsapparat und führt häufig zu chronischen Problemen. Max’s Ultimate Athletism System räumt der Bewegungsqualität darum die höchste Priorität ein, noch vor dem Aufbau von Kraft. Schnellkraft bzw. Ausdauerleistungfähigkeit wiederum sind Qualitäten, die auf einem soliden Unterbau aus Kraft aufgesetzt werden sollten.
Ein Sportler, der darauf achtet, sich ein solides Fundament zu erarbeiten und der Hindernisse an der Wurzel angeht statt sich darum herum zu mogeln, der kann lange ohne Unterbrechungen trainieren und somit spätestens mittelfristig bessere Leistungen erreichen.

 

 

Kleine Änderung – Große Wirkung

Max setzt, um sein hohes Ziel des ultimativen Athleten zu erreichen, nicht auf ein bis ins letzte Detail ausgeklügeltes Vollzeit Programm, das nur jemand ohne familiäre Verpflichtungen und am besten ohne lästigen Job tatsächlich durchhalten kann. Seine Philosophie ist die der kleinen Schritte. Ein durchschnittlicher Sportler trainiert etwa 3 Stunden in der Woche, wenn der gleiche Sportler zusätzlich zu seinem normalen Training noch jeden Tag 5 Minuten an seiner Bewegungsqualität arbeitet, dann macht er bereits 10 %  mehr Sport als bisher zum Beispiel mit Max’s 5 Minute Flow:

Bei 10 Minuten wären wir schon bei schon 20 %. Nachhaltigkeit ist der Name des Spiels – und wer versucht seine sportlichen Ziele mit Gewalt zu erreichen, der handelt sich dadurch meist nur Probleme und Enttäuschungen ein.

Max kommt uns bald besuchen

Am 24.-25. Oktober 2015 wird Max seinen Ultimate Athleticism Workshop in München halten – ich habe fest vor dabei zu sein und bin schon mehr als gespannt darauf. Max ist als Sportler und als Coach eine Wucht, und er hat das Talent sein Wissen verständlich und einfach umsetzbar weiter zu geben. Eine Chance, die sich kein Sportler oder Trainier der etwas auf sich hält, entgehen lassen sollte.

Wer ist dabei?

 

 

Erfolg eingebaut: Die Methode der 4 Kompetenzen von Rolando Garcia

Der einzige Vortrag auf der Health and Strength Konferenz, der sich nicht unmittelbar mit Training oder Gesundheit beschäftigte, kam von Rolando Garcia III. Rolando ein sympathischer New Yorker ist Leiter des VIP Bereichs des renommierten Equinox Gym. Wer in den Genuss der Dienste von Rolando und seinem Team kommen möchte, muss dieses Privileg mit 23000 $ im Jahr vergüten.

Rolando Garcia III

Rolando Garcia III bei seinem Super Vortrag auf der DragonDoor Konferenz

Rolando startete als Floor Manager bei Equinox (das sind die, die rumliegende Handtücher und Hanteln wegräumen) und arbeitete sich in bemerkenswert kurzer Zeit zum Personal Trainer hoch. Als Personal Trainer war er so erfolgreich, dass sein Rekord der meisten verkauften PT Stunden in einem Monat eines einzelnen Trainiers bis heute ungeschlagen ist. Später übernahm Rolando verschiedene (echte) Management Funktionen bis er letztlich die Möglichkeit bekam seine heutiges Team zusammenzustellen und auch zu leiten.
Wenn Rolando also darüber spricht, was es bedeutet in der Fitness Branche erfolgreich zu sein, dann lohnt es sich zuzuhören.

Herausforderungen voraus!

Als intimer Kenner der Fitnessbranche erklärte Rolando gleich zu beginn seines Vortrags was sich in den kommenden Jahren zur stärksten Konkurrenz für alle entwickeln wird die Fitness als Dienstleistung anbieten: Der Trainier in der Hosentasche oder neudeutsch die „Wearable Technolgie“ wird in den kommenden Jahren eine immer stärkere Alternative zum echten Trainier werden. Schon heute können Smartwatch und Co einiges zur Fitness seiner Benutzer beitragen. Apps schlagen Trainings- oder Ernährungspläne vor und überwachen Puls, Schlaf sowie sportliche Aktivitäten. Die Washington Post testete kürzlich 30 IPhone Fitness Apps. Zwar war das Ergebnis erwartungsgemäß schlecht (nur eine der 30 wurde als gut befunden) aber trotzdem wurde durch den Test nachgewiesen das eine App für $3,99 sinnvolle Trainingsempfehlungen geben kann. Zum Glück für uns Trainier hat derzeit nur einer von 30 Software-Herstellern das Know How eine solche App zu programmieren – aber das wird sicher nicht so bleiben.
Auch der beste Trainer muss Geld verdienen. Um so wichtiger wird es für alle die in der Fitness Brache Geld verdienen wolle, zu wissen worauf es ankommt. Klar sind die meisten die in diesem Bereich aktiv sind Überzeugungstäter, aber ohne Geld geht es nun mal nicht. Ich selbst haben meinen wirklich gut bezahlten IT-Job vor 6 Jahren hinter mir gelassen um ein Kettlebell und Kampfsport Gym zu eröffnen, weil ich einer Tätigkeit nachgehen wollte die mich erfüllt und mit der ich meinen Mitmenschen unmittelbarer helfen kann als mit der Erstellung von Software.

Rolando brachte es sehr gut auf den Punkt: Du kannst der tollste Trainer der Welt sein, mit dem umfassendsten Wissen, den besten Methoden und ehrenhaftesten Absichten – wenn Du aber nur 10 Leute trainierst, ist der Einfluss, den Du auf Deine Umwelt ausübst, minimal und es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Du früher oder später im Supermarkt Regale einräumen gehst, um über die Runden zu kommen.

Die 4 Kompetenzen erfolgreicher Trainier

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Die 4 Kompetenzen erfolgreicher Trainier von Rolando Garcia

Laut Rolando sind es vier Kompetenzen die jeder Trainer der sich erfolgreich in der Fitness Branche möchte beherrschen sollte:

Die Technische Expertise

Wie jeder in der Fitnessbranche weiß, ist es für geschäftlichen Erfolg in diesem Umfeld nicht ausreichend, wissen über Techniken und den Trainingsprozess zu haben. Genau genommen ist es nicht einmal nötig, wie die vielen ständig auftauchenden und wieder verschwindenden Fitnesshypes beweisen. Nur derjenige, der sich langfristig auf dem Markt behaupten will, muss Qualität und Ergebnisse liefern – für einen schnellen Reibach reicht eine gut klingende Idee und ein großes Marketing Budget.

Die technische Expertise ist außerdem auch die seltenste Ursache für geschäftliche Misserfolge in dieser Branche – klar lässt sich hier über Einzelheiten trefflich streiten, aber letzten Endes sind die meisten in diesem Feld Überzeugungstäter und wissen schon aus diesem Grund in der Regel mehr über den Trainingsprozess als die meisten unserer unbedarften Mitmenschen.

Trotzdem: Wer sich als Trainer langfristig in seinem Umfeld behaupten will, der ist gut beraten sich ständig weiter zu bilden und sein Wissen und seinen Fertigkeiten zu verfeinern.

Kundenpflege

Die zweite unerlässliche Kompetenz eines erfolgreichen Trainers ist die Fähigkeit, Menschen von der eigenen Expertise zu überzeugen und sie über lange Zeit bei der Stange zu halten. Dazu, so Rolando, gibt es zwei grundlegende Strategien, die beide das Ziel verfolgen, den Trainer in den Augen seines (potentiellen) Kunden sympatisch erscheinen zu lassen, denn wer kauft schon bei einem unsympatischen Zeitgenossen.

  • Die erste Strategie nennt sich PACT. Es handelt sich um ein Acronym für praise (loben), assist (helfen), correct (korrigieren) und teach (lehren). Diese Strategie findet hauptsächlich Anwendung im Erstkontakt und ist dafür gedacht, dem (unbekannten) Gegenüber eigene Expertise zu zeigen ohne dabei herabzuwürdigen oder eine Abwehr auszulösen.
    Stell Dir folgende Situation vor: Ein Trainer läuft durch sein Studio und sieht einen Kunden bei einem echten Klassiker des falsch verstandenen funktionalen Trainings (sagen wir Langhantel Kniebeugen auf dem Pezziball). In seinem Kopf läuft sofort der Film ab, wie der Kunde von seinem Ball purzelt und sich den Kopf am nebenstehenden Powerrack anschlägt. Als ehrlicher und fürsorglicher Mensch, der er ist, geht er zu dem Zirkusartisten und erklärt ihm, dass er diese Übung hier nicht machen kann! Erstens ist die Verletzungsgefahr viel zu hoch und außerdem ist seine Kniebeuge ja eh viel zu schlecht für solche Aktionen. Wie glaubst Du wird der derart Zurechtgewiesene auf diese Zurschaustellung geballten Trainer-Knowhows reagieren. Genau – er sucht sich ein anderes Gym.
    Nach der PACT Strategie würde die Situation folgendermaßen ablaufen: Der Trainer beobachtet unseren Artisten, geht zu ihm und lobt ihn wegen seiner Körperbeherrschung (P_raise), er bietet an, ihm die Langhantel nach dem Ende des Satzes abzunehmen (A_ssist). Nachdem der Kunde wieder sicher auf seinen Beinen steht, schlägt der Trainer ein paar Änderungen an der Übung vor, um diese etwas sicherer zu gestalten (C_orrect), nachdem die beiden die korrigierte Übung zusammen einmal durchgespielt haben, meint der Trainier zu seinem Schützling in Spe: „Du, wenn Du so gut bei den Kniebeugen bist, dann müsstetst Du ja ordentlich Gewicht bewegen können! Wollen wie das mal kurz zusammen probieren?“ Die beiden gehen zum Powerrack und der Trainer coacht eine ordentliche Kniebeuge (T_each). Der Kunde in Spe ist angetan davon wie viel Gewicht er tatsächlich bewegen kann (fast 70 % Körpergewicht) und hat am nächsten Tag ordentlich Muskelkater, weil er zum erstem mal im Leben eine richtige Kniebeuge gemacht hat. Zwei Tage später treffen sich die beiden im Studio und sprechen beiläufig über Personal Training und wie schnell das einen doch weiter bringt. Das Gespräch endet damit das der Trainer einen neuen Personal Training Kunden akquiriert hat.
  • Die zweite Strategie heißt TACT und kommt bei Umgang mit Bestandskunden zur Anwendung: Es bedeutet übersetzt thank (bedanken), acknowledge (bestätigen), challenge (fordern) und thumbs up (Daumen hoch).
    Stellen wir uns vor, wie eine fiktive Situation nach dem TACT System ablaufen würde: Ein Trainer und sein Kunde sind mitten in einer PT Stunden. Dem Kunden fällt es heute schwer, er hat nicht gut geschlafen und hatte einen stressigen Tag. Als dem Trainer auffällt, dass sein Schützling sich heute mehr quält als gewöhnlich, spricht er es an und macht ein Kompliment das er trotzdem am Ball bleibt und die Stunde nicht abgesagt hat (T_hank), er erklärt ihm das es wichtig ist seine Tagesform im Training zu berücksichtigen, lobt für den (trotzdem) gezeigten Einsatz (A_cknowledge) motiviert ihn an seine Grenzen zu gehen (C_hallange). Am Ende des Trainings erklärt er nochmal, wie gut die Trainingsleitung trotz der widrigen Umstände war und das er sich auch die nächste Stunde freut.
    Eine weniger TACT-voller Trainier würde in der gleichen Situation zum Beispiel meckern, dass der Kunde sich doch bitte nicht so gehen lassen sollte und gefälligst ein bisschen mehr Einsatz zeigen – letzte Woche hat er sich ja bei gleichen Übungen auch nicht so angestellt.
    Ratet mal welcher Kunde lieber wieder kommt…

 Verkauf

Viele leidenschaftliche Trainer haben hier tatsächlich ein Problem mit ihrer Einstellung. Sie denken, wenn ich doch etwas machen, das mir Spaß macht und das mich erfüllt, dann kann es doch nicht in Ordnung sein, dabei hinterm Geld her zu sein. Diese Einstellung ist schlicht falsch – klar, wenn Geld verdienen in einem so Menschen bezogenen Betätigungsfeld wie dem Fitness Bereich zum alleinigen Ziel wird, dann läuft definitiv etwas schief, aber es darf deshalb trotzdem nicht vernachlässigt werden. Wer langfristig gute Qualität liefern will, kann das nur aus einer stabilen Situation heraus – und kaum etwas nimmt einem schneller die Standfestigkeit als ständige Geldsorgen!
Egal ob Trainier oder der Betreiber eines Gyms jeder muss sich, wenn er Erfolg haben will, bemühen zu lernen, wie man seine angebotenen Leistungen effektiv verkauft. Es ist eine Fertigkeit wie jede andere und genau so muss diese erlernt und ständig verbessert werden.
Zum Glück ist es nicht nötig alles durch Versuch und Irrtum zu lernen – es gibt genügend Literatur und Kurse zu dem Thema wo man sich hervorragend informieren und weiterbilden kann.
Das Buch „Everybody needs Training“ von Danny Kavadlo oder das Buch „Ignite the Fire“ von Jonathan Goodman sind hier ein guter Einstieg.

Geschäftsentwicklung und Strategie

Die letzte und ebenso Erfolgs-kritische Kompetenz, die jeder Trainer mitbringen muss, ist die Fähigkeit sein Geschäft oder seine Trainerkarriere strategisch zu planen und zu steuern. Wer sich einfach treiben lässt, der kommt in der Regel nie irgendwo an – und wenn doch, kann es passieren, dass er seine Chance nicht erkennt, wenn sie sich bietet. Der Weg zum Erfolg führt nicht immer gerade aus und ganz sicher nicht immer bergab. Sich im Klaren zu sein welchen Werten man sich verpflichtet, welche Vision einen antreibt, welche Mission und strategischen Ziele man verfolgt, entscheidet darüber, ob man als Trainier einen schlecht bezahlten Job ausübt oder sich ein Leben in einem Beruf aufbauen kann, den man liebt.
Solche Entscheidungen und Planungen müssen bewusst getroffen und regelmäßig auf ihre Gültigkeit geprüft werden. Dafür braucht es Zeit und Muse, die fest in den Alltag eingebaut werden muss. Mindesten ein mal im Quartal sollte jeder Trainier sich einen halben Tag Zeit nehmen, um über sein Geschäft, seine Ziele und Pläne nachzudenken. Wird diese Zeit nicht fest eingeplant geht es garantiert im Alltag unter.

Mache Dir regelmäßig Gedanken über:

  1. Welche Werte machen Deine Arbeit aus?
  2. Wie sieht Deine Vision aus?
  3. Was ist deine Mission?
  4. Welche Ziele willst Du erreichen?
  5. Welche strategische Veränderungen kommen auf Dich zu?
  6. Was machst Du in 6 oder 12 Monaten, was in 3 oder 5 Jahren?

Wenn Du Dir solche Fragen regelmäßig stellst, fällt es Dir im Tagesgeschäft leichter, richtige Entscheidungen zu treffen und Probleme rechtzeitig zu erkennen. Auch die Kommunikation mit Mitarbeitern und Partnern wird klarer und zielgerichteter, Missverständnisse sind leichter zu vermeiden.

Fazit

Als Trainer genügt es nicht sich in seinem Sport auszukennen – jeder Trainer ist bis zu einem gewissen grad ein Unternehmer und wer erfolgreich sein möchte, muss noch einige andere Fertigkeiten meistern. Die gute Nachricht ist, dass sich diese Fertigkeiten genau wie im Sport erlernen und mit Übung verbessern lassen.

Erfolg ist kein Zufall, sondern das Ergebnis konsistenter Anstrengung. Du musst nicht alles richtig machen, sondern nur die richtigen Dinge immer wieder machen!

Disclaimer: Wie immer bei dieser Artikelserie über die Vorträge der Dragondoor Konferenz gehen alle sachlichen Fehler auf mein Konto!

Viel Erfolg!

Keynote: Wie voll ist Dein Stressbecher? – oder wie lässt sich allostatische Belastung steuern

Dies ist der erste von mehreren Artikeln über die Vorträge auf der ersten Dragondoor Health and Strength Konferenz. Ich war der einzige Nicht-Amerikaner unter den etwa 90 Teilnehmern.  Trotz meiner anfänglichen Bedenken ob so eine Konferenz ohne Praxis denn wirklich etwas bringt, war es den Flug nach Minneapolis auf alle Fälle wert.
Die 13 Referenten brachten alle ihre eigenen Ideen zum Thema Training und Gesundheit mit und so ergab sich ein tolles Gesamtbild mit haufenweise neuen Anregungen und Einsichten.

Die Teilnehmer der ersten Dragondoor Health & Strength Conference in Minneapolis (wer findet mich 😉

Schon der Eröffnungsvortrag von Dr. Chris Hardy, Mitautor des Buches „Strong Medicine“ und des gleichnamigen Blogs, hat mich echt umgehauen, weshalb ich die Infos daraus, im folgenden Artikel mit euch teilen möchte:

Das Thema des Vortrags war „Managing the stress cup“ und es war darum so interessant, weil es tatsächlich jeden betrifft, egal ob Trainer, Sportler oder auch jeden anderen Menschen.  In dem Vortrag erklärte Chris Hardy wie Stress im Alltag unser Training beeinflusst und wie wir diesen steuern können, um trotzdem Fortschritte zu machen und gesund zu bleiben.

Dr.  Hardy begann seinen Vortrag mit einer kleinen Demonstration: er hatte einige Becher und einen großen Krug Wasser mit auf die Bühne gebracht.  Diese Stressbecher repräsentieren die Gesamtmenge an Stress, die jeder Einzelne verträgt.  Die individuelle Größe des Bechers wird bestimmt durch Faktoren wie Alter,  Gesundheitszustand und auch körperliche Voraussetzungen. So hat ein gut trainierter Personaltrainer in den dreißigern in der Regel einen eher großen Becher,  während seine Kundin in den fünfzigern mit 15 kg Übergewicht einen eher kleinen Becher haben wird.
Zusätzlich zur Größe des Bechers kommt es auch darauf an, wieviel sich bereits darin befindet. Was befüllt nun unseren Stressbecher?  Hier gibt es massenweise Faktoren:

  • Schlaf (-Qualität)
  • Arbeitsumfeld
  • Sorgen
  • Familiäre Situation
  • Und noch viele mehr…

Unser oben erwähnter Trainer, alleinstehend, Freiberufler mit 20 Wochenstunden hat seinen grossen Becher nur wenig befüllt und kann darum im Training richtig Gas geben und schöne Fortschritte machen. Sollte er doch mal übers Ziel hinaus schießen, schläft er am nächsten Tag einfach ein paar Stunden länger und ist abends wieder fit.
Seine Kundin, Mutter von 3 Kindern mit einem ungeliebten Nebenjob und Eheproblemen (wegen dem vielen Geld, das der Personal Trainer jeden Monat bekommt) kommt schon mit recht vollem Becherchen ins Studio.
Geht ein Trainer nur von seiner eigenen „Kapazität“ aus – Motto: „Ich hab ein Sixpack, weil ich viel trainiere, ergo musst du auch mehr trainieren, wenn du eines willst…“   – führt das bei seinem „Opfer“  zwangsläufig dazu, dass der Stressbecher bei jedem Training überflutet wird.

Hab ich denn auch so einen Stressbecher?

Stressbecher

So könnte Dein Stressbecher aussehen…

… fragst Du Dich jetzt vielleicht – keine Sorge dazu komme ich jetzt. Klar hast du einen und er bestimmt wieviel Stress Du insgesamt verträgst und auch wie viel du brauchst, um die im Training erwünschte Anpassungsreaktion Deines Körpers auszulösen.  Bleibt Dein Becher immer leer,  hat dein Organismus keinen Grund sich zu verändern und stärker zu werden, läuft der Becher aber ständig über,  kannst du nicht regenerieren und damit sind Fortschritte ebenfalls unmöglich. Dein Ziel muss also sein, Dein Training so zu dosieren,  dass du möglichst exakt die verfügbare Restkapazität ausschöpfst, ohne weit darüber hinaus zu schießen.

In der Fachsprache, spricht man davon, die allostatische Belastung so zu steuern, dass genügen Reize für eine Anpassungsreaktion gesetzt werden, aber gleichzeitig nicht so viel, dass der Sportler mit dem Regenerieren nicht mehr hinterher kommt. Dieser optimale Bereich wird das hormetische Fenster genannt.

Stress ist gut und wichtig

Jede Weiterentwicklung braucht einen ausreichend starken Anreiz,  bleibt dieser aus, tut sich nichts oder Du baust sogar ab. Stress ist der Faktor, der uns als Menschen und Sportler wachsen lässt. Ein Problem wird dieser Stress erst, wenn er langfristig anhält und somit keine Regeneration mehr möglich ist.
Alles, was von deinem Gehirn als Stress bedrohlich bewertet wird, erzeugt Stress. Auch wenn keine echte Bedrohung existiert, laufen die gleichen physiologischen Mechanismen ab, wie bei unseren Vorfahren, die sich unversehens mit einem hungrige Höhlenbären konfrontiert sahen.  Das Gehirn schaltet auf Kampf oder Flucht Modus und die Amygdala schüttet Stresshormone aus. Dieses System ist erstklassig dafür geeignet eine Begegnung mit wütenden Höhlenbären zu überleben, führt aber, wenn es dauerhaft aktiv ist, zu massiven gesundheitlichen Problemen.  Zum Glück gibt es in unserem Gehirn zwei Mechanismen, die der Stressreaktion entgegenwirken können. Diese heissen Hypocampus und parafrontaler Kortex.  Letzterer ist das Zentrum unserer Aufmerksamkeit und ermöglicht es eine von der Amygdala als Bedrohung bewertete Situation neu zu bewerten – will heißen, die vermeintliche Schlange entpuppt sich bei genauerem hinsehen also Baumwurzel und schon ist der Stress vorbei.  Der Hypocampus dagegen ist das Zentrum der Erinnerung und Erfahrungen,  er ist der Grund warum wir in unbekannter Umgebung gerne mal bei einem unerwarteten Geräusch erschrecken,  zuhause aber, wo wir das Geräusch schnell als Fehlzündung der nachbarlichen Rostlaube erkennen, keine Mine verziehen.  Der Hypocampus ist auch dafür verantwortlich, dass der Dompteur im Käfig mit fünf Zirkus Löwen die Ruhe bewahrt, während die erste Reihe außerhalb des Käfigs sich Pipi verdrücken muss.
Jede Stresssituation ist eine Situation in der wir lernen und wachsen können,  vorausgesetzt wir bekommen die Gelegenheit diese auf die eine oder andere Weise zu verarbeiten.

Aber dauerhafter Stress ist Gift!

Noch mal zurück zu unserer unglücklichen, dreifachen Mutter und ihrem motivierten Personal Trainer: durch die dauernde Überdosierung der Trainingsbelastung („komm schon noch 10, 9, nicht aufgeben! 8…) ist sie nach jedem Training am nächsten Tag erschöpft,  hat tagelang Muskelkater und muss sich drei Tage später zwingen zur nächsten Trainingseinheit anzutreten. Diesen Zustand nennt man Übertraining und es bedeutet, dass sie es mit ihrem kleinen Stress-Becherchen und dem anstrengenden Alltag nicht schafft vor der nächsten Trainingseinheit ausreichend zu regenerieren – ihr Becher ist schon vor dem Training voll. Aus diesem Grund sind ihre Abwehrkräfte geschwächt und sie ist häufig krank, was ihre Leistung zusätzlich schmälert. Wenn sie nicht – wie es die meisten es in dieser Situation (vernünftigerweise) tun würden –  irgendwann das Handtuch wirft, entwickeln sich mit großer Wahrscheinlichkeit chronische Krankheiten oder auch Burnout Symptome.

Zu viel Stress?

Zu viel Stress?

Achte auf die ersten Symptome von Übertraining und chronischem Stress:

  • Verzögerte Regeneration,
  • Schlafschwierigkeiten,
  • Lang anhaltende Erschöpfung
  • Motivationslosigkeit
  • Angegriffene Imunabwehr

Schön und gut aber was tun, wenn es doch passiert?

Solltest Du bemerken, dass Du erste Symptome zeigst, gibt es einige Maßnahmen, die Du ergreifen kannst um Abhilfe zu schaffen:

Die Mischung machts

Für gute Regeneration kommt es auf die richtig Mischung an

  1. Schlafen – klingt seltsam,  aber am besten hilft gegen Müdigkeit, sei sie chronisch oder nicht, immer noch schlafen. Wenn du damit Schwierigkeiten hast, ist das der erste Punkt an dem du ansetzen solltest.  Analysiere deinen Schlaf, dafür gibt es mittlerweile einfache technische Hilfsmittel, die zwar nicht so genau sind, wie ein Schlaflabor, für unsere Zwecke aber völlig genügen.  Wenn Du weißt, wo das Problem liegt (lange Einschlafzeit,  unruhiger Schlaf, häufiges Aufwachen,  etc. )  dann versuche Abhilfe zu schaffen.
  2. Massagen – ja,  ich weiß echte Männer brauchen sowas nicht, aber laut Doc Hardy helfen Sie trotzdem . Es ist auch nicht eine streichelnde Wellnessmassage, sondern eine handfeste Sportmassage gemeint.
  3. Stress Management – Meditationen,  Atemübungen oder einfach ein Spaziergang durch den Wald können sehr gut helfen, schneller in ein ruhigeres und damit gesünderes Fahrwasser zu kommen.
  4. Ernährung – zwar der letzte Punkt auf dieser Liste, aber sicher nicht der unwichtigste. Gute Ernährung, die deinem Körper ausreichend Nährstoffe zur Verfügung stellt, ist enorm hilfreich bei der Regeneration.  Achte darum besonders in stressigen Zeiten darauf, Dich möglichst ausgewogen zu ernähren (die meisten machen es genau anders herum).

Ein narrensicherer Trainingsplan: Das Burst Cardio Protokoll nach Dr. Chris Hardy

Reines Krafttraining ist in der Regel eher unkritisch, wenn es um das Befüllen des Stressbechers geht – Herz-Kreislauf-intensives Training dagegen ist Stress pur für unseren Körper. Deshalb empfehlen viele Spitzentrainer wie Max Shank, Cardio-Training nur dann zu betreiben, wenn es entweder für die Erreichung des jeweiligen Trainingsziels nötig ist oder aber der Trainierende sicher ausreichende Reserven hat um davon zu profitieren.

Wenn ich nun nicht auf mein Cardio-Training verzichten will, wie bestimme ich dann tagesgenau, wie viel noch in mein Becherchen rein passt? – Willkommen zu Doc Hardy’s Burst Cardio Protocol! Du brauchst dazu einen Pulsmesser und eine beliebige Herz-Kreislauf intensive Übung (ja, natürlich Kettlebell Swings).
Errechne nach folgender Formel Deine maximale Pulsfrequenz und davon 90% und 70%:

Bei Männern:
223 – 0,9 x Lebensalter = HFmax
Bei Frauen:
226 – Lebensalter = HFmax
Schwellenwerte:
70% Schwelle = HFmax x 0,7; 90% Schwelle = HFmax x 0,9 (oder 0,95)

Am Ende Deines Krafttrainings beginnst Du mit dem Protokoll und machst einen Satz Deiner gewählten Übung (Swings!)  bis Deine Pulsfrequenz 90%—95% übersteigt.  Setze ab und raste (aktiv) bis du wieder auf 70% bist. Jetzt beginnt der nächste Satz. Diesem Protokoll folgst Du für eine vorher festgelegte Zeit (10 – 20 Minuten).
An guten Tagen wirst Du merken, dass Deine Herzfrequenz relativ langsam steigt und nach der Belastung schnell wieder fällt, an schlechten Tagen kann es sein, dass du nur wenige Sätze schaffst und deine Pulsfrequenz ewig braucht, um wieder unter 70 zu kommen.

Dieses und viele weitere Themen werden noch ausführlicher in Marty Gallager und Dr. Chris Hardy’s ausgezeichnetem Buch Strong Medicine erklärt – auf alle Fälle eine empfehlenswerte Lektüre:

Amazon Kindle, PDF-Ebook oder Paperback (verschickt aus USA)

Ich habe diesen Artikel nach meinem besten Verständnis geschrieben, sollte er trotzdem Fehler enthalten, gehen die alle auf meine Kappe – zum Nachlesen verweise ich nochmal auf das oben genannte Buch und auf den Strong Medicine Blog von Dragondoor in dem Marty Gallager, Dr. Chris Hardy und einige andere wöchentlich neue spannende Artikel rund um das Thema Training und Gesundheit bringen.

Zum Abschluss möchte ich noch ein Zitat von Dr. Chris Hardy bringen:

„Exercise is more potent than any pharmaceutical“ – „Training ist wirkungsvoller als jede Medizin“

The Power of Breathing – Mehr Leistung durch richtige Atmung.

Im herkömmlichen Fitness-Training wird höchst selten über richtige Atmung gesprochen, das ist äußerst schade, denn die Atmung ist nicht nur eine einfache Möglichkeit unmittelbar mehr Kraft ausüben zu können, durch sie wird auch Deine Wirbelsäule auf einfache und effektive Art geschützt.
Die Atmung ist im Hardstyle Training ein essentieller Bestandteil, der bei jeder Übung dazugehört.

Die Cola-Dose und der Autoreifen

Das Konzept der Cola-Dose und des Autoreifens soll verdeutlichen, wie die Atmung dazu genutzt werden kann den Rumpf zu stabilisieren – denn je stabiler der Rumpf um so athletischer bist Du – vorausgesetzt Du erkaufst Dir die Stabilität nicht durch fehlende Mobilität.
Die Cola-Dose symbolisiert Deinen Rumpf bzw. die Muskulatur des selben: solange die Dose ihre zylindrische Form behält ist sie ziemlich belastbar – sobald sie seitlich eingedrückt wird, lässt sie sich leicht einstampfen.

Flo in der Dose

Halte Deinen Rumpf stabil, als würdest Du in einem Metallzylinder stecken

Der Autoreifen wiederum bekommt seine Stabilität erst durch den Luftdruck im Inneren – wenn dieser fehlt ist sie völlig dahin.
Übertragen auf unseren Körper bedeutet das folgendes:
Deine Rumpf-Muskulatur hat die Aufgabe sozusagen ein Korsett zu bilden, das für Stabilität von außen sorgt. Der durch richtige Atmung erzeugte intra-abdominale Druck füllt dieses Korsett und schützt so die Integrität des Zylinders.

Flo im Reifen

Indem Du den Druck im Abdomen aufrecht erhältst kann die Rumpfmuskulatur besser stabilieren

So wird der Rumpf zu einer stabilen Einheit, die problemlos Kräfte entlang der Wirbelsäule nach unten oder oben übertragen kann.
Mit diesem Konzept im Kopf können wir uns jetzt darum kümmern, wie wir die Atmung dazu einsetzen können unsere Trainingsziele zu erreichen.

Regel 1: Stelle Dir niemals selbst ein Bein

Es klingt jetzt vielleicht seltsam aber die erste Überlegung in Sachen Atmung sollte sein es so zu machen, dass es uns nicht bei dem behindert, was wir zu erreichen versuchen. Ja, lach nur aber das kommt wesentlich öfter vor all Du glaubst. Nicht umsonst sind viele Teilnehmer unserer Workshops am meisten davon beeindruckt, wie viel sich durch korrektes Atmen erreichen lässt. Zur Veranschaulichung einige Beispiel was falsch laufen kann.
So-besser-nicht-Beispiel 1: Luftanhalten – dadurch lässt sich zwar hervorragend die Stabilität im Rumpf aufrechterhalten, aber leider hat die Methode den Nachteil, dass einem dabei nach wenigen Sekunden schwarz vor Augen wird – und das versaut Dir sogar den einfachsten Lift.
So-besser-nicht-Beispiel 2: Panikatmung – das Ergebnis ist das gleiche wie beim letzten Punkt nur die Ursache ist anders. Zur Panik- oder Hechel-Atmung kommt es, wenn man unter Belastung versucht durch den Mund zu atmen. Wird der Sauerstoff-Bedarf grösser als das, was durch die Atmung reinkommt, erhöht Dein Körper die Atemfrequenz. Leider kommt dadurch irgendwann kein Sauerstoffaustausch mehr zu stande – und dunkel wird’s.
So-besser-nicht-Beispiel 3: Gegen die Übung atmen – findet immer statt, wenn eingeatmet wird, während die Muskulatur angespannt wird. Die Folgen sind nicht so durchschlagend wie bei den beiden obigen Beispielen, führt aber zu schlechter Performance und ggf. in Plateaus.

Es gilt also: Längeren Atem durch richtige Atmung!

Am einfachsten ist es durch richtige Atmung die Ausdauer zu verbessern – dafür musst Du nur darauf achten, tief durch die Nase einzuatmen. Das fühlt sich anfangs etwas seltsam an, (man hat das Gefühl nicht genug Luft zu bekommen) macht sich aber schon nach kurzer Umgewöhnung bezahlt. Pass auf, dass Du bei Belastungsspitzen nicht anfängst doch wieder durch den Mund einzuatmen – das gibt dann häufig Seitenstechen. In vielen Kampfsportarten gilt die Ansicht, dass man einen Auseinandersetzung praktisch schon gewonnen hat, wenn der Gegner beginnt durch den Mund zu atmen.
Als ich begonnen habe, beim VO2MAX-Training* nur mehr durch die Nase zu atmen (auch in den Rast Intervallen) habe ich unmittelbar 20 Sätze mehr geschafft.

*ein Kettlebell-Snatch Protokoll, um die Ausdauerleistungsfähigkeit in kurzer Zeit extrem zu steigern.
Atmung für mehr Stabilität

Die Nasenatmung ist ebenfalls Grundvoraussetzung, wenn es darum geht, eine bessere Stabilisierung im Rumpf zu erreichen. Nun wird es aber ebenso wichtig den Druck im Abdomen beim Ausatmen nicht zu stark absinken zu lassen.
Wer kennt nicht die entspannende Wirkung langgezogenen, tiefen Ausatmens? – nicht unbedingt das, was ich möchte, wenn ich dabei bin 50 kg Gusseisen über meinem Kopf zu halten.
Um diesen Effekt zu vermeiden, kontrolliere ich die Luftmenge beim Ausatmen, indem ich im Mund einen Widerstand bilde und die Luft wie durch ein Überdruckventil nur in kleinen Mengen ablasse. Bei Übungen wie dem Turkish Get Up, die es erforderlich machen, die Last über einen relativ langen Zeitraum zu kontrollieren (jedenfalls wesentlich länger als einen Atemzug), erreiche ich so eine ausreichende Sauerstoffversorgung der Muskulatur ohne meine Stabilität aufzugeben und somit Verletzungen zu riskieren.
Bei einer solchen andauernden Belastung atmest Du somit flach.

Anmerkung: Ja diese Atmung erzeugt ein zischendes Geräusch – wenn das in Deinem Studio für schiefe Blicke sorgt, hast Du zwei Möglichkeiten: freundlich zurück lächeln oder Dir ein Studio suchen wo wirklich trainiert wird ;-).

Atmung für mehr Power

Geht es darum möglichst viel Kraft auszuüben, lässt sich mit richtiger Atmung noch deutlich mehr rausholen. Jede Übung hat einen sogenannten „Sticking Point“ – also die Stelle im Bewegungsablauf an dem, aufgrund ungünstiger Winkelverhältnisse der Gelenke, der Widerstand am schwersten zu überwinden ist. Einfach gesprochen die Stelle, wo Du, wenn das Gewicht zu schwer für Dich stecken bleibst. Die Kunst ist nun genau in dem Moment, in dem die Hantel (oder Dein Körper) diesen Punkt passiert, die best mögliche Anspannung zu haben. Genau bei diesem Problem kann uns die richtige Atmung helfen!
Im Tae Kwon Do nennt sich das Konzept Kiai – ein Kampfschrei in dem Moment, indem die Technik das Ziel trifft (und somit die grösste Kraft angewendet werden muss) ausgestoßen wird. Dieser Schrei hat nicht, wie von Laien häufig vermutet, den Gegner erschrecken soll, sondern soll durch sekundenschnelles, gepresstes Ausatmen die Körperspannung kurzfristig erhöhen.
Beim Heben von Hanteln ist es eher unüblich einen Schrei auszustossen (kommt aber, besonders bei Gewichthebern durchaus vor). Der gleiche Effekt lässt sich aber auch mit einem kurzen Atemstoss, ähnlich dem, den man vom Boxen kennt, erreichen. Stell Dir einfach vor, jemand will Dir in den Bauch schlagen – die Reflex-Reaktion, die Dein Körper auslöst, um sich vor dem Schlag zu schützen ist genau das was ich meine.
Fortgeschrittenes Konzept: Selfresisted Exercises

behandle ich in einem späteren Post 😉

Viel Spass beim Üben.

 

Erstmals erschienen am 23.11.2013

Der Snatch – der Zar unter den Kettlebell Übungen

Der Snatch ist sicherlich die Übung, nach der ich am häufigsten gefragt werden. Jeder will snatchen – und das am liebsten von Anfang an. Unsere RKC Einstiegsseminare, die Enter the Kettlebell Seminare, beinhalten diese Übung bewusst nicht.
Natürlich ist der Snatch eine hervorragende Übungen! Explosive Kraft, schier grenzenlose Leistungsfähigkeit, sowie eine unvergleichliche Schmerztoleranz sind nur ein paar Qualitäten, die der Snatch fördert aber auch fordert.
Wer ein intensives Snatch Workout überstanden hat – den schreckt so schnell nichts mehr. Nicht umsonst ist der RKC Snatch-Test der Angstgegner schlechthin für angehende Instruktoren. Eine schwere Kettlebell 100 mal in 5 Minuten über den Kopf zu snatchen ist durchaus ein Erlebnis.

Hinweis: Bitte erwartet in diesem Artikel keine Übungsbeschreibung – nach meiner Erfahrung ist es praktisch unmöglich ballistische Übungen nach einer schriftlichen Vorlage korrekt zu erlernen. Aus diesem Grund mache ich erst gar nicht den Versuch. Der Artikel soll eine Orientierung für Leute sein, die den Snatch erlernen wollen und denen, die die Übung bereits kennen, einige neue Kniffe vermitteln mit denen sie die Übung noch effektiver gestalten können. Die Lektüre dieses Artikels ersetzt nicht den Besuch beim qualifizierten Trainer.

Die Ausgangsposition beim Snatch

Robert Rimoczi Master RKC und ich in der Ausgangsposition.

Voraussetzungen für den Snatch

Bevor du damit beginnst, den Snatch zu erlernen, musst du einige körperliche und auch technische Voraussetzungen erfüllen. Wer diese Voraussetzungen nicht mitbringt, hat mit dem Snatch nichts zu schaffen.

Zunächst einmal zu den körperlichen Anforderungen der Übung: Die erste und grundlegende Anforderung ist eine ausreichende Mobilität in der Schulter. Nimm eine Kettlebell und drück sie irgendwie über den Kopf, wenn du jetzt in den Spiegel schaust, sollte dein Bizeps hinterhalb des Ohrs und dein Arm senkrecht sein. Wenn du diese Position nicht bequem erreichen kannst ohne dabei schief zu werden, ist deine Schulter Mobilität für den Snatch nicht ausreichend. Mache zunächst Schulter Mobilitätsübungen, bis du die beschriebene Position problemlos halten kannst.

 

Die zweite körperlichen Voraussetzungen, die du mitbringen solltest, bevor du mit den Snatch beginnst, ist eine sichere Reflex-Stabilisierung deines Rumpfes. Was bedeutet das? Die Stabilisierung des Rumpfes bedeutet, dass du in der Lage bist, deine Körpermitte gerade und unbeweglich zu halten. Reflex-Stabilisierung ist im wesentlichen das gleiche, nur dass die Belastung, gegen die du stabilisierst, plötzlich auftritt. Einen einfachen Test dafür, den du selbst ausführen könntest, gibt es leider nicht-hier solltest du zu einem kompetenten Trainer gehen und diesen um Rat fragen.

Der Lockout

Robert und ich mit Kettlebell im Lockout

Abgesehen von den körperlichen Voraussetzungen, solltest du einen sauberen einhändigen Swing (Frauen 12 kg, Männer 24 kg), einen sicheren Turkish Get Up, sowie einen technisch korrekten Clean beherrschen.

Wenn du all diese Voraussetzungen mitbringst, dann bist du bereit den Snatch zu erlernen.

Für wen ist der Snatch?

Schon aus dem letzen Absatz geht glaube ich hervor, dass der Snatch nicht für Anfänger geeignet ist. Aber wer sollte nun eigentlich snatchen? Lass uns zunächst einmal die Übung an sich betrachten: beim Snatch geht es darum, das Gewicht von Bodenhöhe senkrecht nach oben über dem Kopf zu katapultieren. Das bedeutet der Kraftvektor der Übung ist nach oben gerichtet. Für jeden Sportler, der in seinem gewählten Betätigungsfeld Kraft nach oben ausübt, ist der Snatch eine gute Übung – leider kommt genau das nicht in sehr viel Sportarten vor. Für die meisten Sportarten ist eher die Projektion der Kraft nach vorne wichtig.

Freier Fall beim Snatch

Freier Fall – die Kettlebell fällt ungebremst um muss unten wieder abgefangen werden.

Soll das jetzt heißen, wir können den Snatch als Übung vergessen? – Keineswegs! Der Snatch hat noch andere Qualitäten, die ihn für einen weiten Personenkreis interessant machen. Zunächst einmal ist es eine dynamische Übunge, bei der die Kugel den weitesten Weg zurückgelegt; das bedeutet im Umkehrschluss, dass unser Körper für diese Übung die größte physikalische Arbeit verrichten muss. So ziemlich jeder Muskel im Körper arbeitet während dem Snatch unter Volllast. Das ist auch der Grund warum der Snatch einem so großen Tribut von unserem Herzkreislaufsystem fordert. Herzfrequenzen über 200 sind beim Snatchtest keine Seltenheit.

FAZIT: Der Snatch ist also eine gute Übung, wenn es darum geht, Gewicht über Kopf zu transportieren und eine unerreichte Herz-Kreislauf Übung. Wenn es in deinem gewählten Sport aber mehr um eine Kraftausübung nach vorne ankommt, bist Du mit dem Swing besser bedient.

Der Snatch unter dem Vergrößerungsglas

Der Snatch ist ein Swing, der auf dem über Kopf gestreckten Arm endet. Das Bewegungsmuster, mit dem die Kugel nach oben geschleudert wird, ist identisch.

Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Kugel nicht wie beim Swing ungehindert nach vorne schwingt, sondern sobald sie den Körper passiert hat, an diesem hoch geführt wird, bis sie im oberen Lockout zur Ruhe kommt. Damit es dabei keine blauen Flecken gibt, muss die greifende Hand die Kugel aus dem letzten Drittel des Aufstiegs überholen – wir nennen das ‚den Bogen zähmen‘.

Untere Position

Die untere Position ist identisch mit der beim einarmigen Swing.

Die Pause im Lockout macht den Snatch variabel

Durch die Pause im Lockout ergibt sich eine interessante Konstellation: diese Pause lässt sich dafür nutzen die Intensität des Workouts zu variieren. Beim Swing gibt es diese Möglichkeit nicht, wer eine Kettlebell aufhebt, um sie zu schwingen, der muss in Bewegung bleiben bis er sie wieder abstellt.

Beim Snatch ist das anders – die beiden Extrem-Beispiele hierfür sind das so genannte VO2Max-Protokoll von Kenneth Jay auf der einen Seite und dem im Girevoy Wettkampf üblichen Rythmus auf der anderen. Beim VO2Max Training wird extrem schnell gesnatcht, um das cardio-vaskuläre System an seine Leistungsgrenze zu bringen. 7-9 Snachtes in 15 Sekunden sind hier die Regel. Im Girevoy Sport liegt diese Zahl zwischen 5 und 7 – dafür wird 10 Minuten ohne Unterbrechung und mit nur einem Handwechsel gesnacht.

 

 

Dieser Artikel ist zum ersten mal am 24. Aplril 2013 erschienen

Ode an den nackten Fuß

Manchmal ist es schon witzig wie unsere modere Welt funktioniert. Vor etwas mehr als 10 Jahren kam die Firma Vibram mit ihrem neuen Schuhkonzept „Five Fingers“ auf den Markt und leitete damit die Renaissance des Barfuß Laufens ein. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es im Vorhinein Kontroversen gab und sogar von medizinischer Seite davor gewarnt wurde, weil unsere Füße doch zu schwach seien und darum einen Schuh bräuchten, um nicht kaputt zu gehen – nur seltsam, dass wir dann nicht schon mit Schuhen geboren werden 😉

Vibram Five Fingers

Das Korpus Delikti, vibram konnte seine vollmundigen Gesundheitsversprechen nicht halten. (Quelle: Wikipedia)

Derzeit sieht sich die Firma Vibram mit einer Sammelklage konfrontiert, weil ihre Schuhe die vollmundigen Heilsversprechen nicht halten konnten und sich einige Neubarfüssler sogar ortopädische Probleme eingehandlelt haben.

Zum Barfuß Laufen – auch mit minimalistischem Schuhwerk – braucht es eine andere Geh- bzw. Lauftmechanik als mit herkömmlichen Schuhen. Der Heel Strike, also das Aufsetzen der Ferse entfällt dabei praktisch vollständig, stattdessen landet der Vorderfuß zuerst. Das liegt daran, dass unser eingebauter Stoßdämpfer, das Sprunggelenk, bei einem Aufsetzten der Ferse nicht funktioniert und wir darum auf gepolstertes Schuhwerk angewiesen sind. Beim Sprint sind wir übrigens automatisch auch wieder auf den Vorderfüssen unterwegs, da hier der Heel Strike auch bei guter Polsterung zu heftig wäre.

Natürlich birgt barfuß laufen heute auch einige zusätzliche Gefahren mit denen sich unsere jagenden und sammelnden Vorfahren nicht herumschlagen mussten (Glasscherben und andere spitze Gegenstände auf versiegelten Bögen). Aber abgesehen davon ist viel barfuß laufen nach meiner Meinung mit das Beste, was wir für unsere Füsse tun können. Die zwei wichtigsten Gründe dafür möchte ich hier gerne erläutern:

Unser zweiter Satz Hände

– Eine Unmenge an sensorischen Informationen stimulieren unser Nervensystem.

Die Ähnlichkeit unserer Füsse zu den Händen ist nicht rein äußerlich, auch die sensorische Ausstattung ist den Händen sehr ähnlich. Unmengen von Nervenenden leiten Informationen ans Gehirn weiter und füttern dadurch unser Nervensystem mit Informationen über unsere Position im Raum, die Beschaffenheit des Untergrunds und vieles mehr. Unser Nervensystem nutzt diese Informationen unmittelbar für die Steuerung unseren Bewegungen. Aus diesem Grund trainieren viele Kampfsportler sein Urzeiten barfuß – die komplexen Bewegungen, zum Beispiel eines Drehkicks, sind mit Schuhen wesentlich schwerer umzusetzen. Auch ist man barfuß wesentlich agiler als mit Schuhen, das ist mir zum ersten Mal richtig bewusst geworden, als ich vor Jahren zum ersten Mal mit meinen neuen Barfuß-Schuhen im Gebirge unterwegs war.
Wer öfter längere Zeit Handschuhe trägt, der kennt die Erleichterung, wenn man sie endlich loswird und wieder etwas spürt. Mit den Füssen ist es genau das Gleiche – nur das für die meisten das Tragen von Schuhen der Normalzustand ist und der sensorische Input des nackten Fusses auf Mutter Erde eher die Ausnahme.
Als Kampfsport Lehrer stehe ich täglich mehrere Stunden barfuß in der Trainingshalle und das Sommer wie Winter. Ich bin oft froh, wenn ich nach einem ganzen Tag in Schuhen endlich wieder Luft zwischen meinen Zehen spüre.

Füsse_von unten_Web

Freiheit für die Füße

Obwohl es mittlerweile über 1300 Studien (pubmed) gibt, die sich mit dem Thema beschäftigen, gibt es wenig substantielle Informationen darüber, welche Auswirkungen barfuß laufen langfristig haben kann. Ich kann hier nur zwei indirekte Argumente anführen, die meine Ansicht stützen: zum kann das dauerhafte fehlen sensorischer Informationen von den Füssen nicht gesund sein (schließlich ist sensorische Deprivation eine äußerst effektive Foltermethode), zum anderen sehe ich die täglich die positiven gesundheitlichen Effekte von Sportarten wie meinem klassischen Tae Kwon Do, die vermutlich zumindest zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass diese barfuß ausgeübt werden.

Gib Deinen Füssen Gelegenheit sich umzustellen

Wenn Du Dich entschließen solltest, verstärkt barfuß zu laufen oder zu trainieren, dann wirf nicht einfach Deine Schuhe weg. Deine Füsse brauchen, wie jeder andere Körperteil, Zeit, um sich an die neue, ungewohnte Belastung zu gewöhnen. Die in der Einleitung erwähnten orthopädischen Probleme der Five Finger Träger können meines Erachtens nur dadurch zustande gekommen sein, dass sie  die neuen Schläppchen unvernünftiger Weise nach dem Kauf sofort für lange Zeit oder unter extremer Belastung getragen haben. Wer immer mit Nike Air und Co. unterwegs war und plötzlich nur mehr 3 mm Gummi unter der Sohle hat, mutet seinen armen Füssen einfach zu viel zu.

Gib Dir ein paar Monate Zeit für die Umstellung und fahre Deine Barfuß-Aktivitäten langsam hoch -Dein Nervernsystem wird es Dir danken.

Nackte Füsse mögen Kettlebells!

Nackte Füsse mögen Kettlebells!

Happy Feet 😉

 

Weg mit den Bundesjugendspielen?

Derzeit läuft eine Petition mit dem Ziel die seit 1951 jährlich abgehaltenen Bundesjugendspiele abzuschaffen. Die wurde von Christine Finke aus Konstanz ins Leben gerufen – einer Mutter eines Jungen, der zu den jährlich tausenden Verlierern der altehrwürdigen Spiele gehört.

https://www.change.org/p/petition-bundesjugendspiele-abschaffen-manuelaschwesig

Fast 13000 Menschen haben schon unterzeichnet. In den sozialen Medien wird heiß darüber diskutiert – die einen finden die Idee unerhört, eine so alte und den Sport fördernde Tradition anzugreifen, die anderen sind Feuer und Flamme und wollen die Spiele am besten sofort abgeschafft wissen. Was steckt dahinter?

Die Gegner der Bundesjugendspiele

Die Gegner der Bundesjugendspiele bemängeln, dass dieser für alle Schüler verpflichtenden „Wettbewerb“ all denen den Sport vermiest, die von Haus aus kein Talent dafür mitbringen. Wer Jahr für Jahr zu den langsamsten und schwächsten in seiner Klasse gehört und das auch noch vor versammelter Mannschaft bescheinigt bekommt, betrachtet sich selbst bald als Versager und verliert jegliche Lust sich sportlich zu betätigen.

Auch ich finde es wirklich schrecklich – wenn die Veranstaltung auch nur einem Kind in Deutschland den Spaß an der Bewegung vermiest, dann hat sie meines Erachtens ihr Ziel verfehlt!

Bundesjugendspiele eine alte Tradition

Seit 60 Jahren gibt es sie, die Bundes Jugend Spiele (Quelle: Immanuel Giel (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons)

Die  Befürworter halten dagegen

Viele andere lehnen die Petition als unsinnig ab. Sie argumentieren, dass in einer Zeit in der Schulsport immer das erste Fach ist das ausfällt, keine weiteren sportlichen Aktivitäten in der Schule reduziert werden sollten. Nebenbei hatten wir noch nie so viele übergewichtige Kinder wie in den letzten Jahren – auch das spricht klar dagegen.

Auch diese Meinung teile ich aus ganzem Herzen – unsere Kinder sind, im Bevölkerungsdurchschnitt, die unbeweglichste Generation, die es je gab. Auch in meiner täglichen Arbeit im Tae Kwon Do Training mit Kinder und Jugendlichen sehe ich das immer wieder: 8 Jährige die ihre Zehen weder im Sitzen noch im Stehen erreichen können, für die eine einzige Liegestütze eine unlösbare Aufgabe ist.

Schon heute haben Rückenbeschwerden und co. epidemische Verbreitung erreicht und doch bin ich mir sicher (auch wenn ich das nicht durch entsprechende Daten belegen kann), dass die Generation der heutigen Rückenpatienten in der Kindheit weit mehr Bewegung abbekommen haben. Wie wird die Statistik aussehen, wenn die heutige junge Generation in die Dreißiger und Vierziger kommt?

Beide Seiten haben Recht

Ich stimme also den Argumenten der Befürworter der Abschaffung, wie auch denen ihrer Gegnern aus ganzem Herzen zu! Was sich nach einem Dilemma anhört ist in Wirklichkeit eine ganz einfache Sache. Ich bin der Meinung, dass die Bundesjugendspiele, nach 60 Jahren ihres Bestehens dringend eine Modernisierung benötigen. Seit der Mitte des letzten Jahrhundert hat sich die Lebenswelt unserer Kinder so dramatisch verändert, das ein in die heutige Zeit verpflanzter 8 Jähriger aus den 50ern sich wie in einem Science Fiktion Film vorkommen würde (falls er einen solchen schon mal gesehen hätte).

Mein Vorschlag für zeitgemäße Bundesjugendspiele:

Ich schlage vor den Begriff wörtlicher zu nehmen und dem Ganzen einen spielerischeren Touch zu geben. Weg mit den Pflicht-Wettkämpfen – dafür mehr Gelegenheiten zum Spielen und Ausprobieren. In Zusammenarbeit mit örtlichen Vereinen könnte man vormittags den Kindern ermöglichen ohne Druck auszuprobieren, was ihnen Spaß macht. Da die jeweiligen Ansprechpartner gleich Vorort sind, können sie im Anschluss gleich weiter trainieren und so ein lebenslanges gesundes Verhältnis zum Sport entwickeln.

Am nachmittag würde ich dann offene Wettkämpfe veranstalten, für alle die wollen – da dann deutlich weniger Teilnehmer sein werden, kann im Anschluss an jeden Wettkampf gleich eine Siegerehrung stattfinden. Alle die nicht aktiv teilnehmen, können zuschauen und anfeuern, vielleicht bekommen sie so Lust im nächsten Jahr selbst anzutreten.

Würde ich in meinem Tae Kwon Do Studio Kinder dazu zwingen gegen Gleichaltrige aber überlegene Gegner anzutreten, könnte ich mich sicherlich bald auf die Kündigung und ggf. eine Anzeige erboster Eltern freuen – warum also muss es in der Schule sein.

In den USA wurde etwas Ähnliches bereits erfolgreich umgesetzt

In seinem hervorragenden Buch Spark! (leider bisher nur in englischer Sprache) berichtet Dr. John Rately über ein hoch interessantes Experiment in Naperville USA:
Im dortigen Schulbezirk wurde die Priorität des Sportunterrichts von einem eher unwichtigen Nebenfach zum wichtigsten Hauptfach angehoben.

Gleichzeitig wurden die Benotung von der traditionellen, leitungsmäßigen Ergebnissen verändert zu einer Anerkennung des jeweiligen Einsatzes das ein Kind zeigt – das wird über simple Herzfrequenzmessung realisiert. Dr. Rately’s Beschreibung des Experiments hört sich für mich wie eine Utopie an, die zu schön ist, um wahr zu sein! Da gib es freiwillige Sportstunden vor der Schule (die auch noch besucht werden). Junge Erwachsene, die in Naperville die Schule besucht haben und bereits in die Universität gehen, berichten das Sport für sie zum lebensbegleitenden Hilfsmittel geworden ist, wann immer sie sich gestresst oder angespannt fühlen.
Die Schüler von Naperville sind seit Jahren die fittesten und schlankesten der ganzen USA – und nicht genug damit – auch noch die dritt schlauesten!

Ich denke es ist einen Versuch wert, die Tradition der Bundesjugendspiele mit einem neuen und zeitgemäßeren Konzept auf die Lebenswelt unserer Kinder anzupassen.

In diesem Sinne – bleibt in Bewegung!

Euer Flo.